Über Jahre baute sich Shenna Bellows das Image einer Vermittlerin auf. Eine Frau, die über die Parteigrenzen hinweg gute und enge Kontakte pflegt und gemeinsam mit Demokraten und Republikanern sachpolitische Maßnahmen setzt. Als Executive Director der NGO „American Civil Liberties Union“ in Maine organisierte Bellows erfolgreiche Kampagnen, wie jene zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Bundesstaat oder strengeren Datenschutzrichtlinien bei Beschlagnahmungen von Handys.

2021 wechselte Bellows in die Parteipolitik. Für die Demokraten wurde sie die erste Frau im Amt der Secretary of State (vergleichbar mit einer Innenministerin) und ist somit auch die Vorsitzende der obersten Wahlbehörde in Maine. In dieser Funktion hat sie nun Donald Trump von den Vorwahlen der Republikaner ausgeschlossen. Bellows hat befunden, dass Trump während des Sturms auf das Kapitol 2021 die Verfassung gebrochen hat, in dem er sich an einem „Aufstand oder einer Rebellion“ beteiligt hat. Rechtlich ist Ballows Verhalten abgesichert, da sich Trump und seine Mitstreiter für eine Wahl in einem Bundesstaat bewerben und erst in einem zweiten Schritt für die Kandidatur einer Partei.

Neu ist der Vorwurf nicht. Auch das Oberste Gericht in Colorado hatte Trumps Namen aus denselben Gründen vom Wahlzettel für die Vorwahlen seiner Partei gestrichen. Der Unterschied: Während in Colorado die Justiz entschied, hat nun mit Bellows eine Politikerin ein Urteil gefällt.

Obwohl in beiden Fällen der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court das letzte Wort über ein Antreten Trumps spricht, begibt sich Bellows mit ihrer Entscheidung in gefährliches Fahrwasser. Trumps Wahlkampfstrategie, in der Angriff die beste Verteidigung ist und Lügen und Diffamierungen zum stilistischen Mittel zählen, bekommt dadurch neuerlich Rückenwind. Trumps Anhänger wird Bellows mit ihrer Entscheidung nicht zum Umdenken bewegen. Vielmehr wird die Unterstützung für Trump weiter steigen, während Bellows ihren Ruf als verbindende Kraft endgültig verlieren wird.