Während der russische Angriffskrieg auf die Ukraine andauert, entbrannte am 7. Oktober ein weiterer bedeutender Konflikt: Die radikalislamistische Hamas griff Israel an, was zu zahlreichen Opfern und Geiseln führte. Seitdem befindet sich der Gazastreifen unter konstantem Beschuss durch die israelische Armee, die darauf abzielt, die Hamas vollständig zu beseitigen. Dies hat zu humanitären Katastrophen im Gazastreifen geführt.

Im Jahr 2023 gab es zudem mehrere Naturkatastrophen. In der Türkei forderte ein schweres Erdbeben rund 60.000 Menschenleben und zwang zwei Millionen Menschen in die Obdachlosigkeit. In Marokko kostete ein Erdbeben 2000 Menschen das Leben, während schwere Waldbrände in Kanada, Hawaii und Teneriffa wüteten. In Griechenland brach der größte Brand innerhalb der EU aus. Zuletzt erschütterte das Attentat in Prag die Welt, bei dem ein Student mindestens 15 Menschen und sich selbst tötete.

Die geopolitische Herausforderung Chinas und die politische Landschaft der USA

Im ZiB 2-Interview analysierte USA-Experte Reinhard Heinisch verschiedene Aspekte, darunter die sich im turbulenten Jahr 2023 weiter zuspitzenden Beziehungen zwischen dem Westen und China. China zeige sich heute selbstbewusster denn je und strebe eine neue, polyzentrische Weltordnung an. Das Land habe erheblich in Aufrüstung investiert, um die USA herauszufordern und eine neue Ordnungsmacht zu etablieren. Angesichts des Alters von Staatspräsident Xi Jinping scheint die Eingliederung Taiwans in das chinesische Reich nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Dennoch sind China innenpolitische und wirtschaftliche Herausforderungen bewusst, die seine Verletzlichkeit unterstreichen und sich in anhaltender Risikoscheu widerspiegeln.

In Bezug auf US-Präsident Joe Biden sei festzustellen, dass er aufgrund der Konflikte in der Ukraine und in Israel innerhalb seiner Partei umstrittener denn je sei. Seine vehemente Unterstützung für Israel wird in der vielfältigen demokratischen Partei nicht überall positiv aufgenommen, da viele eine eher pro-palästinensische Haltung vertreten. Die ständige Präsenz seines wahrscheinlichsten Herausforderers, Donald Trump, hat nicht nur in Umfragen zu einem deutlichen Rückgang geführt, sondern bringe Biden auch in eine ungünstige Position für das Wahljahr 2024. Obwohl Trumps Kandidatur wahrscheinlich sei, bleibe der Ausgang der zahlreichen Verfahren gegen ihn abzuwarten. Trump lege jedoch ein neues Verhaltensmuster an den Tag, indem er sich vor öffentlichen Auftritten und Fernsehdebatten zurückhält, was seine Beliebtheit steigert und sein Narrativ, dass das System ihn verfolgt, verstärkt.

Von Wagner-Söldnern bis zur wachsenden chinesischen Dominanz

Politikwissenschaftler Gerhard Mangott sprach im Interview über die Lage in der Ukraine und bewertete die Entwicklung im Jahr für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Putin geriet im Juni in Misskredit bei Eliten durch den Aufstand der Wagner-Söldner und deren Anführer Jewgeni Prigoschin. Dennoch konnte er schnell wieder das Vertrauen zurückgewinnen, insbesondere nach Prigoschins mysteriösem Tod bei einem Flugzeugabsturz. Diese Ereignisse brachten Elitemitglieder vorwiegend zum Schweigen.

Die jüngsten militärischen Erfolge stärken Putins Position weiter. Die Ukraine konnte in den letzten Monaten nur wenig Land zurückgewinnen, was für Putins mögliche Wiederwahl im nächsten Jahr von großer Bedeutung sein könnte. Der Krim-Chef strebe eine Zustimmung von bis zu 90 Prozent an, was in einer demokratisch geführten Wahl normalerweise unrealistisch wäre. Somit bleibe Putin zwar ein bestätigter, aber nicht zwangsläufig demokratisch gewählter Präsident.

Mangott wies auf eine zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit und Dominanz Chinas über Russland hin, die sich vor allem durch vermehrte Öl-Deals manifestiert. Die wirtschaftliche Abhängigkeit Russlands von China stellt eine Herausforderung für Putins Bestrebungen dar, Russlands Souveränität zu gewährleisten.

Europäische Solidarität in Gefahr

Beide Experten stimmten darin überein, dass die kollektive Solidarität der EU gegenüber Israel und der Ukraine in den beiden Konflikten ins Wanken geraten ist. Beschlüsse gegen Russland werden aufgrund der Blockade Ungarns für die 50 Millionen Euro schwere Finanzhilfe für die Ukraine immer schwieriger. Sollte Viktor Orbán nicht gestürzt werden, müssen die verbleibenden 26 EU-Staaten zusammenarbeiten, um dies zu ermöglichen. Gerhard Mangott hält dies aktuell aber für wahrscheinlicher als beispielsweise bedeutende neue Hilfszusagen der USA.