Ein Team der Caritas aus Österreich hat in der Vorweihnachtszeit zahlreiche ihrer Hilfsprojekte in der Ukraine besucht. „Gerade jetzt im Winter ist die Not der Menschen, vor allem von Alten und Kindern, besonders groß, bilanzierte Caritas-Direktor Klaus Schwertner laut Aussendung nach einem siebentägigen Besuch in dem vom russischen Angriffskrieg gezeichneten Land. „Die Folgen dieses Krieges sind brutal, das Leid der Bevölkerung ist enorm.“

35.000 Mal Luftalarm seit Kriegsbeginn

Von einem „Weihnachtswunder“ sei das Land im zweiten Kriegswinter noch immer weit entfernt, ließ Schwertner nach der Reise, die ihn und sein Team nach Kiew, Schytomyr, Irpin und Butscha führte, wissen. „Täglich wird die Ukraine von Drohnen und Raketen angegriffen“, so das Fazit. „Wir sollten uns nichts vormachen: Auch wenn die Ukraine zuletzt weitestgehend aus den Schlagzeilen verschwunden ist, der Krieg tobt hier mit unverminderter Brutalität weiter.“

„Seit Februar 2022 zählten die Behörden mehr als 35.000 Luftalarme“, listete der Caritas-Direktor auf. „Jeder einzelne bedeutet im vermeintlich besten Fall nur psychischen Terror, im schlimmsten Fall aber folgen auf einen Alarm Tod, Leid, Zerstörung und Trauer. Gerade für Kinder sind die psychologischen Folgen verheerend.“ In den vergangenen Tagen sei es zu den stärksten Drohnen- und Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt seit vielen Monaten gekommen.

Das Team der Caritas war dem Bericht zufolge auf seiner Reise selbst mehrfach gezwungen, Schutzbunker aufzusuchen. „Es ist klar: Mit jedem weiteren Tag, an dem dieser Angriffskrieg andauert, mit jeder zusätzlichen Rakete und mit jeder weiteren Drohne nehmen Not und Verzweiflung der Menschen zu. Für die Menschen vor Ort gibt es kein Entrinnen.“ Dabei sei die ukrainische Grenze von Wien gleich weit entfernt wie Bregenz, Kiew liege so nahe wie Paris. „Wir dürfen unsere Nachbarinnen und Nachbarn nicht im Stich lassen!“

Millionen von Ukrainern sind bereits geflohen

Schwertner: „Wir haben von Anfang an gesagt: Wir laufen keinen Sprint, sondern einen Marathon der Hilfe. Vielleicht wird es der längste Marathon, den Österreich und Europa seit dem Zweiten Weltkrieg laufen müssen. Aber wir sehen: Unsere Hilfe wirkt und sie macht für viele Männer, Frauen und vor allem auch für die fünf Millionen Kinder einen großen Unterschied - gerade auch jetzt zu Weihnachten.“ Bereits mehr als 17,6 Millionen Menschen sind laut Caritas innerhalb des Landes auf humanitäre Hilfe angewiesen. „Mehr als fünf Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer wurden zu Vertriebenen im eigenen Land. Mehr als sechs Millionen Menschen sind aus ihrer Heimat geflohen.“

Caritas Direktor Klaus Schwertner
Caritas Direktor Klaus Schwertner © APA / Georg Hochmuth

Auf ihrem Trip besuchte das Team der Caritas zahlreiche Projekte für Kinder, Winternothilfe oder „Heating Points“, aber auch Einrichtungen, die alte und pflegebedürftige Menschen und Personen mit Behinderung stationär oder Zuhause mobil betreuen. „Gemeinsam mit der Caritas Ukraine haben wir bei Schneefall und Minusgraden Brennholz in entlegensten Dörfern verteilt, Menschen mit Lebensmitteln, warmen Mahlzeiten und Schlafsäcken versorgt und wir haben Kinderschutzzentren besucht, in denen so etwas wie Kindheit im Krieg ermöglicht werden soll“, berichtete Schwertner. „Und wenn es so etwas wie eine gute Nachricht in dieser Zeit gibt, dann lautet sie: Wir können helfen und unsere Hilfe kommt bei sehr vielen Menschen an - konkret bei mehr als vier Millionen seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar 2022, überwiegend Frauen und Kinder im ganzen Land. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass diese Hilfe für viele Menschen das Überleben sichert.“

Österreich bewies große Hilfsbereitschaft

Nicht zuletzt habe die Hilfsbereitschaft von Menschen in Österreich seit Beginn des Angriffskriegs Hilfslieferungen im Ausmaß von 500 Tonnen ermöglicht, hieß es seitens der Hilfsorganisation, eine Viertelmillion Menschen in der Ukraine habe zudem in Form von Lebensmittelpaketen, Hygieneprodukten und Trinkwasser Unterstützung erhalten.

Der Caritas-Direktor appellierte an die Verantwortlichen der österreichischen Bundesregierung, in der humanitären Hilfe für die Ukraine im kommenden Jahr nicht nachzulassen und entsprechende Mittel etwa aus dem Auslandskatastrophenfonds bereitzustellen: „Die Hilfe muss weitergehen - denn der Bedarf nimmt mit Fortdauer des Krieges zu.“ Die Caritas bat angesichts der angespannten Lage auch weiterhin um Spenden für die Menschen vor Ort: „Wir bitten um diese Hilfe in einer Zeit, die auch für die Menschen in Österreich herausfordernd ist. Aber die Erfahrung der vergangenen Monate macht mich zuversichtlich, dass viele Österreicherinnen und Österreicher mit uns gemeinsam ein kleines Weihnachtswunder für unsere Nachbarn in der Ukraine möglich machen wollen.“ Mit einer monatlichen, frei wählbaren Spende werde die langfristige Betreuung von Kindern in Schutzzentren der Caritas ermöglicht, so Schwertner. „Der Spendenauftrag ist befristet für ein Jahr und endet automatisch mit Jahresende 2024.“