Israel hat in Verhandlungen über eine Freilassung weiterer Geiseln aus dem Gazastreifen einem Medienbericht zufolge eine erneute Kampfpause von mindestens einer Woche angeboten. Wie das Nachrichtenportal „Axios“ in der Nacht auf Mittwoch unter Berufung auf zwei israelische Beamte sowie eine weitere informierte Quelle berichtete, erwarte Israel im Gegenzug von der islamistischen Hamas die Freilassung von mehr als drei Dutzend Geiseln.
Neue Kampfpause
Israels Präsident Izchak Herzog hatte am Vortag eine neue Kampfpause in Aussicht gestellt. „Israel ist zu einer weiteren humanitären Pause und zusätzlicher humanitärer Hilfe bereit, um die Freilassung von Geiseln zu ermöglichen“, sagte er laut einem Sprecher zu Diplomaten.
Der Vorschlag Israels einer mindestens einwöchigen Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung von rund 40 Geiseln sei über den Vermittler Katar unterbreitet worden, berichtete das Nachrichtenportal. Dabei gehe es um die restlichen der noch in Gaza festgehaltenen Frauen, Männer über 60 Jahre und andere Geiseln, die krank oder schwer verwundet seien und dringend medizinische Hilfe benötigten, hieß es.
Es sei Israels erster Vorschlag seit dem Verstreichen einer einwöchigen Feuerpause im vergangenen Monat, berichtete „Axios“. Dabei waren 105 Geiseln freigekommen. Im Gegenzug ließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen frei.
Freilassung von Geiseln gefordert
Medien hatten am Montag berichtet, Mossad-Chef David Barnea berate mit CIA-Direktor William Burns und Katars Ministerpräsidenten Abdulrahman Al Thani in Warschau über neue Verhandlungen mit der Hamas. Dabei hatte die Terrororganisation zuvor eigentlich noch gesagt, keine Verhandlungen ohne ein Ende der Kampfhandlungen Israels führen zu wollen. Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch mindestens 109 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Die Hamas gebe zudem Leichen mehrerer entführter Menschen nicht heraus.
Israel erwägt nach Ende der derzeitigen intensiven Kampfphase im Norden des Gazastreifens die Errichtung eines humanitären Lagers für palästinensische Zivilisten. Wie der US-Fernsehsender CNN am Dienstag (Ortszeit) unter Berufung auf zwei israelische Beamte sowie einem mit den Plänen vertrauten Vertreter internationaler humanitärer Hilfseinsätze berichtete, seien die Planungen noch im Anfangsstadium. Ob es tatsächlich zur Realisierung eines solchen Lagers komme, sei unklar. Es sei aber der erste Hinweis darauf, dass Israel sich Gedanken darüber mache, wie palästinensische Zivilisten in den nördlichen Gazastreifen zurückkehren könnten, sobald die derzeitige Phase der Militäroperationen dort beendet sei.
Die USA pochen auch auf den Beginn einer neuen Phase im Gazakrieg. Derzeit kämpfe Israels Armee mit „hoher Intensität“, künftig werde es gezieltere Einsätze gegen die islamistische Hamas in dem abgeriegelten Küstenstreifen geben, hatte der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, kürzlich bei einem Besuch in Tel Aviv gesagt. Wann genau die neue Phase beginnen soll, sagte er nicht. Laut Medien wird damit in den nächsten Wochen gerechnet.
„Humantäre“ Katastrophe
Hilfsorganisationen sprechen schon jetzt von einer „humanitären Katastrophe“ im Gazastreifen. Nach Angaben des Palästinenserhilfswerkes UNRWA sind innerhalb des Küstenstreifens fast 1,9 der 2,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Das sind mehr als 80 Prozent der Bevölkerung. In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 19.600 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Nach der islamistischen Hamas veröffentlichte israelischen Medienberichten zufolge auch die Terrororganisation Islamischer Jihad ein Video von israelischen Geiseln. In dem Video seien ein 79 Jahre alter Mann und ein 47-Jähriger zu sehen, berichtete die israelische Zeitung „The Times of Israel“ Dienstagabend. Beide Männer würden darin warnen, dass sie aufgrund der Angriffe des israelischen Militärs jeden Moment sterben könnten, hieß es.
Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und wann es gedreht wurde, war zunächst unklar. Auch die Nachrichtenseite Ynet berichtete über das Video. Demnach waren die Männer am 7. Oktober aus einem Kibbuz im Grenzgebiet in den Gazastreifen verschleppt worden.
Neues Geiselvideo
Am Montag hatte auch die Hamas ein neues Video von drei israelischen Geiseln veröffentlicht. Israelischen Medienberichten zufolge waren die drei 79 und 84 Jahre alten Männer ebenfalls aus einem Kibbuz verschleppt worden. Ein israelischer Militärsprecher bezeichnete die Hamas-Aufnahmen als „grausamen Terror“. An die drei Männer im Video gerichtet, sagte er: „Wir werden nicht ruhen, bis ihr zurückkehrt“.
Im Norden Israels fing die Armee eigenen Angaben zufolge mehrere Raketen aus dem Libanon ab und beschoss die Abschussstellung. Wie die israelische Armee am späten Dienstagabend mitteilte, fing die Luftabwehr nach Raketenalarm im Norden Israels sechs aus dem angrenzenden Libanon abgefeuerte Raketen erfolgreich ab. Daraufhin habe ein Kampfflugzeug sowohl den Raketenwerfer als auch eine „terroristische Zelle“ beschossen.