Der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, hat bei weiter ausbleibender US-Finanzierung vor einer drohenden Niederlage der Ukraine im Krieg gegen Russland gewarnt. „Natürlich macht es die Fortsetzung der Anstrengungen zur Befreiung (der ukrainischen Gebiete) unmöglich und schafft ein großes Risiko, diesen Krieg zu verlieren“, sagte Jermak in Washington. Präsident Wolodymyr Selenskyj dagegen zeigte sich trotz stockender Finanz- und Militärhilfe siegessicher.

Jermak forderte den US-Kongress auf, ein seit Oktober blockiertes Milliardenpaket in die Wege zu leiten. Zugleich versicherte Jermak einer Meldung des staatlichen US-Auslandssenders Voice of America vom Mittwoch zufolge, dass Kiew auch für das kommende Jahr militärische Pläne habe. Zuvor hatte Washington eingeräumt, dass im Dezember das Geld für die Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes ausgehen werde. Das ukrainische Budget benötigt für 2024 erneut umgerechnet rund 39 Milliarden Euro aus dem Ausland. Die Finanzierung von gut 27 Milliarden Euro gilt als unsicher.

„Werden unser Ziel erreichen“

Die Ukraine werde Russland besiegen und einen fairen Frieden „gegen alle Widerstände“ erringen, sagte dagegen Selenskyj am Mittwoch. Er verkündete seine Botschaft in einem Video am Morgen, das ihn zeigte, wie er durch Kiew ging, um am Tag der Streitkräfte den gefallenen Soldaten die letzte Ehre zu erweisen. „Es war schwierig, aber wir haben durchgehalten“, sagte Selenskyj, der sich selbst mit einem Mobiltelefon filmte, als er von seinem Büro die Hauptstraße hinunter in Richtung der „Wand der Erinnerung“ im Zentrum von Kiew ging. „Es ist jetzt nicht einfach, aber wir kommen voran. Egal, wie schwierig es ist, wir werden unser Ziel erreichen.“

Selenskyj reagierte mit seinen Äußerungen auf die Ungewissheit über ein 60 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket der US-Regierung für militärische Unterstützung, das seit Wochen von den oppositionellen Republikanern im Kongress blockiert wird. Am Dienstag hatte Selenskyj eine Rede per Videoschaltung vor Kongressmitgliedern kurzfristig abgesagt, bei der er um die weiteren Hilfen werben wollte. Auch ein neues Hilfspaket der EU stößt auf Widerstand einiger Mitgliedsländer.

Krieg mit massiver westlicher Hilfe

Die Ukraine wehrt seit über 21 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Eine lang angekündigte Offensive der ukrainischen Armee verfehlte im Sommer die anvisierten Ziele deutlich. Moskau kontrolliert einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim weiter fast ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets.

In der Nacht auf Mittwoch meldete die Ukraine wieder einen größeren russischen Luftangriff. Russland habe in der Nacht mit 48 Drohnen angegriffen, teilte die ukrainische Luftwaffe am Mittwoch mit, 41 dieser Drohnen seien von der Luftabwehr abgefangen und zerstört worden. Ob die übrigen Drohnen ihr Ziel trafen und ob es bei dem Angriff Opfer oder Schäden gab, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Nach Angaben der Ukraine handelte es sich bei allen um iranische Shahed-Kamikaze-Drohnen.

Bereits am Dienstagabend hatte die Luftwaffe über anfliegende Drohnen berichtet und vor Angriffen insbesondere im südlichen Gebiet Odessa gewarnt. Später wurde gemeldet, dass die Luftverteidigung auch im westukrainischen Chmelnyzkyj aktiv war.

Russland, das seit bereits mehr als 21 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hat das Nachbarland in den vergangenen Nächten immer wieder mit zahlreichen Kampfdrohnen beschossen. Abgewehrt werden diese auch mithilfe westlicher Luftverteidigungssysteme, darunter den aus Deutschland gelieferten vom Typ Iris-T. Mit Blick auf den bevorstehenden Winter haben ukrainische Vertreter zudem davor gewarnt, dass Russland es – wie schon im vergangenen Jahr – erneut auf die ukrainische Energieinfrastruktur abgesehen haben könnte.