Am ersten Tag der Feuerpause zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas hat das Vermittler-Land Katar die Freilassung von 13 israelischen, zehn thailändischen und einer philippinischen Geisel sowie von 39 palästinensischen Häftlingen bestätigt. Unter den 13 freigekommenen Israelis seien auch mehrere Doppelstaatler, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Majed Al-Ansari, am Freitag.

Im Gegenzug seien 39 palästinensische „Frauen und Kinder“ aus israelischen Gefängnissen freigelassen worden. Anders als Katar sprach der thailändische Regierungschef Srettha Thavisin von zwölf freigelassenen thailändischen Geiseln.

Auch israelische Sicherheitskreise sprachen von 13 israelischen Geiseln, die an israelische Sicherheitskräfte übergeben worden seien. Zu diesen gehören nach offiziellen Angaben vier Kinder und sechs ältere Frauen. Das geht aus einer Liste hervor, die das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu am Freitag veröffentlichte. Demnach handelte es sich bei den Kindern um drei Mädchen und einen Buben im Alter zwischen zwei und neun Jahren. Auch sechs Frauen über 70 Jahren konnten demnach heimkehren.

Die Liste führt die freigelassenen Geiseln namentlich auf. Zu ihnen zählten demnach eine 34-jährige Mutter und ihre zwei Töchter im Alter von zwei und vier Jahren, eine 85-Jährige sowie Mitglieder von drei Generationen einer Familie: eine Großmutter sowie deren Tochter und Enkelsohn. Männer waren nicht unter den freigelassenen Geiseln.

Hamas soll innerhalb von vier Tagen 50 Geiseln freilassen

Am Abend gab Netanyahu die Rückkehr aller von der Hamas verschleppten Menschen als Ziel aus. „Wir sind entschlossen, alle unsere Geiseln zurückzubringen“, so Netanyahu. „Das ist eines der Ziele des Krieges und wir sind entschlossen, alle Ziele des Krieges zu erreichen.“

Das Außenministerium in Wien begrüßte Freitagabend auf X die Freilassung von „13 unschuldigen Frauen und Kindern“. „Nach wochenlangem Leiden werden sie endlich wieder mit ihren Familien vereint sein.“ Nun sei die vollständige Umsetzung des Abkommens entscheidend. „Diesem wichtigen ersten Schritt muss die Freilassung aller Geiseln folgen“, hieß in dem Post.

Im Rahmen einer viertägigen Feuerpause im Gazastreifen, die Freitagfrüh begann, sollen insgesamt 50 der etwa 240 Hamas-Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug sollen 150 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen.

Die Geiseln wurden vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zum Grenzübergang Rafah zwischen dem südlichen Gazastreifen und Ägypten gebracht worden. Von dort aus sollten sie zurück nach Israel gebracht werden. Israel und die Hamas hatten die Vereinbarung nach langwierigen Verhandlungen getroffen.

Die Übergabe der israelischen Geiseln war intensiv vorbereitet worden. Sie wurden von israelischen Traumaexperten und Medizinern erwartet, außerdem von speziell ausgebildeten Soldaten, die für ihre Sicherheit sorgen sollen.

Israel aus Al-Shifa-Krankenhaus zurückgezogen?

Unterdessen zog sich laut der radikalislamischen Hamas Israel aus dem Al-Shifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza zurück. Das teilte Ministeriumssprecher Ashraf al-Qudra am Freitag mit. Die israelische Armee reagierte zunächst nicht auf eine entsprechende AFP-Anfrage

Die israelische Armee hatte sich rund eine Woche auf dem Gelände des Al-Shifa-Krankenhauses aufgehalten, unter dem sie eine Einsatzzentrale der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas vermutete. Am Sonntag erklärte die Armee, einen 55 Meter langen Tunnel in zehn Metern Tiefe unter der Klinik sowie ein Waffenlager gefunden zu haben. Am Donnerstag nahmen israelische Streitkräfte den Leiter des Al-Shifa-Krankenhauses, Mohammed Abu Salmija, fest.

Seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes sind ein Großteil der geschätzten 2300 Patienten sowie die Belegschaft und vertriebene Zivilisten aus dem Krankenhaus evakuiert worden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zeigte sich „extrem besorgt“ über die verbliebenen rund 100 Patienten und Krankenhausmitarbeiter.

Waffenruhe seit Freitagfrüh

Um 07.00 Uhr Ortszeit (06.00 Uhr MEZ) war eine erste Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas nach rund sieben Wochen Krieg in Kraft getreten. Sie sollte zunächst für vier Tage gelten. Im Rahmen der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas war auch die Freilassung von Geiseln und palästinensischen Häftlingen geplant.

Ägyptischen Behörden ist es nach eigenen Angaben zudem gelungen, zwölf von der Hamas entführte Thailänder freizubekommen. „Die intensiven Bemühungen Ägyptens haben dazu geführt, dass auch zwölf thailändische Staatsbürger – zusätzlich zu den 13 israelischen Kindern und Frauen – freigelassen werden“, teilte ein Beamter des ägyptischen Staatsinformationsdienstes am Freitag mit. Am Abend kristallisierte sich heraus, dass es doch nur zehn freigelassene Thailänder waren.

Die thailändischen Ministerien für Sicherheit und Außenpolitik bestätigten die Freilassung der Thailänder, wie Ministerpräsident Srettha Thavisin auf „X“ (ehemals Twitter) schrieb. Sie würden in den kommenden Stunden von Beamten der Botschaft in Empfang genommen. Aus Hamas-Kreisen hieß es, die zwölf Geiseln seien am Grenzübergang Rafah ohne Bedingungen an die ägyptischen Behörden übergeben worden. Die Thailänder waren wie andere Geiseln am 7. Oktober bei einem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel entführt worden.

„Krieg ist nicht vorbei“

Ein israelischer Armeesprecher schrieb auf „X“, vormals Twitter, kurz vor Beginn der Feuerpause auf Arabisch: „Der Krieg ist noch nicht vorbei.“ Der nördliche Gazastreifen sei weiterhin eine „gefährliche Kriegszone“ und es sei verboten, sich dort hin- und herzubewegen. Palästinenser sollten in einer „humanitären Zone“ im Süden des Küstenstreifens verbleiben. Für Zivilisten sei es allerdings weiterhin möglich, sich vom Norden in den Süden zu bewegen. In der anderen Richtung sei dies verboten.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn vor knapp sieben Wochen nach Hamas-Angaben auf fast 15.000 gestiegen. Mehr als 36.000 Menschen seien verletzt worden, teilte die Regierungspressestelle der Islamisten in Gaza am Donnerstagabend mit. Der Großteil von ihnen seien Kinder, Jugendliche und Frauen. Tausende Menschen würden zudem weiter vermisst. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Auslöser des jüngsten Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen begangen haben. Auf israelischer Seite wurden mehr als 1200 Menschen getötet, darunter mindestens 850 Zivilisten. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt.

Gemäß der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas sollen innerhalb von vier Tagen insgesamt 50 Geiseln freikommen. Insgesamt sieht die zwischen beiden Konfliktparteien getroffene Vereinbarung einen Austausch von bis zu 100 Geiseln aus Israel gegen bis zu 300 palästinensische Häftlinge vor.