Rechtspopulist Geert Wilders hat die Wahl in den Niederlanden gewonnen. Und zwar deutlich. Das Amt des Regierungschefs ist ihm kaum zu nehmen. Das Ergebnis kam nur auf den ersten Blick überraschend. Die radikale Rechte im Land macht seit Pim Fortuyn im Jahr 2002 mobil, Wilders hatte bereits eine Minderheitsregierung ermöglicht (2010) und stand auch schon einmal kurz vor einem Sieg (2017). Nach Ungarn im Osten, Schweden im Norden und Italien im Süden kommen mit den Niederlanden Rechts-Außen-Politiker nun auch im Zentrum Europas an die Macht. Kein gutes Zeichen für die Europawahl im kommenden Jahr.

Als sozio-ökonomisch links (niedriges Einkommen) und sozial-kulturell rechts (etwa in Genderfragen) wird Wilders‘ Wählerschaft beschrieben. So zeigt sein Erfolg auch eins: Sozialpolitik ist kein Privileg der politischen Linken.

In den Niederlanden ist die politische Linke mit einer Klimaliste aus Sozialdemokraten und Grünen und Frans Timmermans als renommiertem Kandidaten angetreten. Zum Sieg hat es dennoch nicht gereicht. Nur mit Klima lassen sich nur schwer Wahlen gewinnen. Auch das ist eine Lehre für Europa. Neue Batteriefabriken, Aufbau von Clean-Tech-Unternehmen, Ausbau der Erneuerbaren und Entwicklung von E-Autos – Klimaschutz lässt sich besser als grüne Industriepolitik verkaufen. Von Re-Industrialisierung spricht Emmanuel Macron in Frankreich. Diese Rhetorik nimmt vielen die Furcht vor der Veränderung. Gerade in der Industriearbeiterschaft.

In der Migrationspolitik schwenken viele sozialdemokratische Parteien in Europa jetzt auf die skandinavische Linie ein – auch in Deutschland: restriktiver Kurs bei der Zuwanderung. Das Beispiel Niederlande zeigt, dass das allein nicht reicht. Der scheidende Mark Rutte ließ in Holland seine Koalition im Streit über die Migrationspolitik platzen. Gezielt. Er setzte damit ein Thema für den Wahlkampf, das vor allem Wilders bediente. Von „issue ownership“ spricht die Politikwissenschaft, eine Themeninhaberschaft, die Wilders am radikalsten bediente. Ohne greifbare Lösungen zahlt das Spiel mit der Migrationspolitik erst mal auf der radikalen Rechten ein.

So ist Wilders Erfolg eine Warnung für die Wahl zum Europaparlament im kommenden Jahr. Ein Auftrag an die demokratischen Kräfte. Die Unsicherheiten der Bevölkerung ernst zu nehmen. Und vor allem Lösungen zu liefern. Schon bei der Europawahl.