Unklarheit über die von vielen Seiten geforderten Feuerpausen im Gazastreifen: Nachdem am Donnerstag zunächst aus den USA zu hören war, Israel habe sich zu täglichen Feuerpausen bereit erklärt, kam kurz darauf eine Relativierung aus Tel Aviv: „Die Kämpfe gehen weiter und es wird keine Feuerpause ohne die Freilassung unserer Geiseln geben“, hieß es in einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Die vereinbarten Feuerpausen würden ab diesem Donnerstag jeweils für vier Stunden im nördlichen Gazastreifen gelten und drei Stunden im Voraus angekündigt, hatte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, zuvor vermeldet. Zudem sollten täglich nicht weniger als 150 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen.

Die israelische Regierung beharre auf ihrer Forderung, dass es ein Waffenstillstand mit der Hamas nur gegen die Freilassung der von den Islamisten festgehaltenen Geiseln geben wird, hieß es darauf aus Tel Aviv. Auf die Frage, ob es sich dabei um ein Dementi der US-Ankündigung handle, ging ein Sprecher Netanjahus nicht ein.

Freilassung von Geiseln für Kampfpause

Netanjahus Büro verwies auf einen Fluchtkorridor für Zivilisten im Gazastreifen vom Norden in den Süden, auf dem Israel den Menschen zurzeit täglich für einige Stunden eine sichere Passage zusagt. Am Mittwoch hätten 50.000 Menschen die Fluchtroute genutzt, hieß es.

US-Präsident Joe Biden sieht jedenfalls keine Chance für einen baldigen Waffenstillstand. Auf die Frage, ob es entsprechende Aussichten gebe, sagte Biden am Donnerstag: „Keine. Keine Möglichkeit.“ Mit Blick auf die Situation der von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln sagte der US-Präsident, er sei noch optimistisch.

Darüber hinaus gibt es Verhandlungen über die Freilassung von etwa einem Dutzend Geiseln in Gewalt der Hamas im Gazastreifen. Das bestätigte ein Insider der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Die Verhandlungen darüber liefen unter Vermittlung Katars und in Absprache mit den USA, hieß es. Es gehe um die „Freilassung von zehn bis 15 Geiseln im Gegenzug für eine 48 bis 72 Stunden lange humanitäre Kampfpause“.

Die israelische Zeitung „Yediot Ahronot“ berichtete am Donnerstag von einem möglichen Deal unter Vermittlung Katars und mit Beteiligung des CIA-Chefs William Burns. Es war die Rede von der Freilassung von 50 bis 60 Geiseln – vor allem ältere Frauen, Kinder und Mütter. Nach Angabe israelischer Repräsentanten sei dieser aber „noch weit entfernt vom Abschluss“. CIA-Direktor Burns, aber auch Mossad-Chef David Barnea erörterten mit dem katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman al-Thani mögliche Szenarien zur Freilassung der Geiseln im Gazastreifen sowie eine Feuerpause, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person auch der Nachrichtenagentur Reuters.

Türkei würde die Rolle als Garant im Gazastreifen übernehmen

Israel besteht demnach auf klare Abmachungen, um sicherzustellen, dass es nicht zu einer längeren Waffenruhe gedrängt wird, die als Sieg der Hamas gelten könnte. Nach Medienberichten befürchtet Israel, die angeschlagene Hamas könnte sich während einer längeren Feuerpause neu gruppieren. Diese könnte dann israelische Truppen im Gazastreifen gefährden. Unklar sei auch, ob im Rahmen einer Geiselfreilassung auch palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden sollen, schrieb die Zeitung.

Parallel gebe es auch unabhängige Verhandlungen zwischen der Hamas und Thailand über die Freilassung von 23 thailändischen Geiseln, bei denen der Iran vermittle. Die Angehörigen in Israel fordern eine Freilassung aller Geiseln im Rahmen jeder Vereinbarung über eine Waffenruhe.

Die Türkei ist nach den Worten ihres Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bereit, bei der Lösung der Krise im Gazastreifen die Rolle als Garant zu übernehmen. Das habe Erdoğan in einem Gespräch mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi gesagt, teilt das türkische Präsidialamt mit. Demnach berieten die beiden Präsidenten am Rande eines Gipfeltreffens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in der usbekischen Hauptstadt Taschkent.