Seit John Paul Jones seine Schiffe im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Flotte führte, sind Postenbesetzungen in der US-Navy immer nach dem gleichen Muster verlaufen. Den Job an der Spitze der Marine bekam ein Mann.
Knapp 250 Jahre nach John Paul Jones, der heute als einer der Väter der Navy gilt, bricht nun aber erstmals eine Frau in diese erklärte Männerbastion ein. Mit einer Mehrheit von insgesamt 95 Stimmen bestätigte der US-Senat die Berufung der 59-jährigen Admiralin Lisa Franchetti als neue Oberkommandierende der mächtigsten Marine der Welt.
US-Präsident Joe Biden hatte Franchetti bereits im Juli des heurigen Jahres für die Rolle nominiert. Aus Protest gegen eine Regelung des Verteidigungsministeriums, wonach Angehörige des Militärs im Fall einer Abtreibung bestimmte Unterstützung bekommen können, verzögerte der republikanische Senator Tommy Tuberville jedoch seit geraumer Zeit Hunderte
militärische Nominierungen.
Franchetti, die mit der Beförderung auch das erste weibliche Mitglied des US-Generalstabs wird, hatte ihr Offizierspatent 1985 bekommen. Damals konnten Frauen zwar auf Kriegsschiffen dienen, doch in der Praxis blieben die Einsatzmöglichkeiten stark eingeschränkt. Weibliche Mitglieder der Navy wurden vor allem Unterstützungsschiffen zugeteilt, die sich um den Transport von Treibstoff und Munition kümmerten oder Reparaturaufgaben übernahmen.
Mit dem Ende dieser Regelung im Jahr 1993 ging es schließlich auch mit Franchettis Karriere steil bergauf: Sie kommandiert zunächst den Zerstörer „USS Ross“, später als Admiralin dann einen Flugzeugträgerverband. Die bisherige Vizechefin der Navy, die einen Uni-Abschluss in Journalismus hat, ist damit vor allem ein Vorbild für junge Offizierinnen. Noch wichtiger dürfte aber sein, dass Franchetti wie kaum eine Zweite weiß, welche Hürden Frauen in der Männerdomäne Marine überwinden müssen.