Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das neue US-Sanktionspaket gegen Russland als „sehr kraftvoll“ begrüßt. Wichtige Bereiche der Wirtschaft des Aggressors seien nun mit Strafmaßnahmen belegt. „Die Macht der Sanktionen ist die Stärke der Welt“, sagte Selenskyj in seiner Donnerstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Es müsse verhindert werden, dass Moskau die Sanktionen umgehen könne.

„Chaotisch“ und „unlogisch“

Russland, das seinen Krieg gegen die Ukraine vor mehr als 20 Monaten begonnen hatte, bezeichnete die Sanktionen wiederholt als wirkungslos. Dieses Mal nannte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, das neue Paket amerikanischer Strafmaßnahmen „chaotisch“ und „unlogisch“. Ziel des neuen „Frontalangriffs“ der USA sei es, die russische Wirtschaft zu schädigen, die innere Geschlossenheit des Landes zu brechen und auch die Bürger zu treffen, sagte er am Freitag. Der Schaden sei aber für die westlichen Länder größer als für Russland selbst, meinte er.

Die USA haben neue Strafmaßnahmen gegen Dutzende Personen, Unternehmen und Einrichtungen verhängt, die Russland bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen. Die Sanktionen zielen unter anderem auf eine Schwächung des russischen Energie- und Rohstoffsektors ab. Vor der Präsidentenwahl im März erwartet Antonow eine „weitere Verstärkung des Sanktionsdrucks“.

Selenskyj zeigte sich einmal mehr auch siegessicher. „Ich bin überzeugt, dass die Ukraine definitiv gewinnen wird“, sagte er. Ukrainische Medien, die in aller Regel keine Kritik üben an Selenskyj, hoben ausdrücklich hervor, dass der Präsident in seiner Videobotschaft nicht reagiert habe auf die viel beachteten Aussagen des ukrainischen Oberkommandierenden, Walerij Saluschnyj, nach denen der Abnutzungskrieg in die Sackgasse geraten sei. Stillstand auf dem Schlachtfeld helfe nur Russland, die Verluste seiner Armee auszugleichen, hatte Saluschnyj gesagt.

Selenskyj meinte vielmehr, dass Russland im Schwarzen Meer allmählich die Kontrolle verliere und sich dort in die östlichen Regionen zurückziehe. „Wir werden sie auch dort erreichen“, sagte er. Russland hingegen betont immer wieder, die Kontrolle in den Gewässern zu haben und fliegt dort etwa auch mit Kampfflugzeugen Patrouillen.

In seiner Videobotschaft informierte Selenskyj zudem über ein Gespräch mit EU-Ratspräsident Charles Michel - demnach mache die Ukraine Fortschritte auf dem Weg in die EU. Das Land hat den Kandidatenstatus und rechnet fest mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr. „Die Entscheidung wird bedeutend sein, ein sehr symbolischer Schritt, der reflektiert, wie viel die Ukraine erreicht hat“, sagte er. Die EU hat bisher keine Entscheidung getroffen.

Die Ukraine spürt nach den Worten ihres Außenministers Dmytro Kuleba kein Nachlassen der internationalen Hilfe im Kampf gegen Russland. Trotz des Krieges in Nahost sehe er momentan nicht, dass die Unterstützung der Partner in irgendeiner Form abnehme, sagte Kuleba in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am Freitagabend. Vielmehr habe Kiew Zusagen auf allen Ebenen erhalten, dass die Unterstützung für die Ukraine fortgeführt werde.

„Wir stehen zu unserem Wort“

Zur Diskussion um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine sagte Kuleba, er verstehe, dass Deutschland mehr Zeit brauche, um die Entscheidung dazu zu treffen. Das Reichweiten-Argument mache allerdings keinen Sinn, sondern es gehe vielmehr um Vertrauen. Sein Land habe versprochen, dass diese Art von Waffen nicht auf russischem Territorium eingesetzt werden sollen. „Wir stehen zu unserem Wort“, sagte Kuleba.

Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Drohnen zivile Ziele in der zweitgrößten Stadt der Ukraine, in Charkiw, angegriffen. Wie der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Synehubov, in der Nacht auf Freitag auf Telegram schreibt, waren die Angriffe auf zivile Infrastrukturen in der Stadt im Nordosten der Ukraine gerichtet und haben auch einen Ort in der Region getroffen. Nach dem Beschuss sei ein Feuer ausgebrochen, was aber wieder unter Kontrolle gebracht werden konnte, teilt der Bürgermeister von Charkiw, Ihor Terechow, mit.