Nach dem Durchzug von Hurrikan „Otis“ durch den mexikanischen Badeort Acapulco hat die von der Regierung angekündigte rasche Hilfe viele Menschen weiterhin nicht erreicht. Auf der verzweifelten Suche nach Lebensmitteln und Wasser räumten Einwohner am Donnerstag die Regale von Supermärkten und anderen Läden leer. Sie fühlten sich verlassen und klagten, ohne Unterstützung sei das Chaos nicht zu bewältigen.
„Otis“ war in der Nacht zum Mittwoch mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Stundenkilometern und einzelnen Böen von bis zu 315 Stundenkilometern an der Pazifikküste auf Land getroffen. Der Wirbelsturm der höchsten Kategorie 5 schwächte sich zwar rasch ab, doch richtete er vor allem in Acapulco schwere Verwüstungen an.
Mindestens 27 Menschen kamen dort laut den Behörden ums Leben, viele Gebäude wurden massiv beschädigt - selbst manche Fassaden von eigentlich schmucken Hochhäusern wirken wie zerfetzt. In vielen Teilen des Badeorts funktionierten Strom und Handy-Verbindungen am Donnerstag immer noch nicht.
Straßen blockiert
Präsident Andrés Manuel López Obrador versprach nach einem Besuch der Stadt rasche Hilfe, und Soldaten begannen mit der Verteilung von Lebensmittelpaketen und Wasser. Allerdings waren die Hilfslieferungen unzureichend. Sie wurden dadurch behindert, dass Straßen durch Erdrutsche, umgestürzte Bäume und Trümmer blockiert waren.
Verzweifelte Einwohner griffen deshalb zur Selbsthilfe und bedienten sich in den Geschäften. In manchen Läden öffneten ihnen die Angestellten selbst die Türen, damit sich die Menschen versorgen konnten. Unter den gleichgültigen Blicken von Soldaten schleppten sie Toilettenpapier, Eier oder Brot ab.
„Das ist reiner Überlebenswille“
„Das ist reiner Überlebenswille“, sagte ein Mann, der Mehl für Tortillas ergatterte. „Wir suchen alle nach Lebensmitteln“, verteidigte sich die 57-jährige Amparo Ponce, während sie ihre Ausbeute aus einem bereits weitgehend leergeräumten Laden bewachte. Ihre Schicksalsgenossin Guillermina Morales aber kam zu spät: „Wir finden kein Essen mehr“, klagte sie.
Ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, hatte eindeutig ein schlechtes Gewissen. Er arbeite als Beamter für die Stadt, sagte er: „Und nun schauen Sie, wo ich mein Essen hole“. „Wir sind Waisen“, klagte auch er über die schleppende Hilfe der Behörden.
Alkohol und Fernsehgeräte
Andere wiederum hielten sich nicht lange mit Klagen auf - und bedienten sich beim Alkohol oder schleppten Fernseher und andere Elektrogeräte ab.
In der Hauptstraße, der sonst so lebhaften Touristenmeile des beliebten Badeorts, herrschte am Donnerstag Totenstille. Der Boden war mit Glasscherben und Trümmern übersät, überall herrschte Chaos. „So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen“, sagte der 63-jährige José David Mendoza in seinem überfluteten Strand-Restaurant. „So viel Zerstörung, kein Wasser, kein Strom. Der Strand ist eine Müllhalde“ - und das kurz vor der Urlauber-Hochsaison im Dezember.
Er sehe jedoch kaum Reaktionen von den örtlichen Behörden, klagte auch Mendoza. „Ich glaube, die Regionalregierung ist nicht in der Lage uns zu helfen. Wir haben Hilfe aber dringend nötig. Und zwar sofort!“