Der Iran mobilisiert seine Hilfstruppen gegen Israel und die USA. Die Hisbollah greift Israel vom Libanon aus an, Huthi-Rebellen im Jemen feuern Raketen auf Ziele im jüdischen Staat ab, proiranische Milizionäre im Irak beschießen amerikanische Militärstützpunkte. Revolutionsführer Ali Khamenei droht, wenn die israelischen Luftangriffe auf Gaza nicht beendet würden, könne „niemand den Zorn der Muslime aufhalten“. Doch die Drohungen täuschen: Die Führung in Teheran will eine unkontrollierbare Eskalation vermeiden, die den Iran zum Ziel von Gegenschlägen von Israel und USA machen würde.

Als wichtigste Unterstützerin der Hamas feierte die Islamische Republik den Angriff der islamistischen Kämpfer auf Israel vom 7. Oktober als großen Erfolg. Khameneis Regime weist zwar den Vorwurf zurück, dass der Iran in die Angriffspläne eingeweiht war, macht aber keinen Hehl aus seinen engen Verbindungen zu der Terrorgruppe. Außenminister Hossein Amir Abdollahian konferierte zuletzt mehrmals mit der Führung der Hamas.

Bündnis von Nahoststaaten gegen den Iran verhindern

Die Feindschaft mit Israel und den USA gehört zu den ideologischen Fundamenten des iranischen Regimes. Teheran hofft zudem, dass der Krieg zwischen der Hamas und Israel ein Bündnis von Nahoststaaten gegen den Iran verhindert. Die Annäherung zwischen arabischen Staaten und Israel sei „irreparabel“ beschädigt, sagt Geheimdienstminister Esmaeil Khatib. Doch die iranische Führung sieht im neuen Nahostkrieg auch große Risiken. Khameneis Reaktion auf den Krieg sei „sorgsam kalibriert und vorsichtig“, sagt Arash Azizi, Iran-Experte und Buchautor in den USA. Die Hisbollah und andere proiranische Milizen, die auf Befehle aus Teheran hören, wollten mit Nadelstichen gegen Israel und die USA zeigen, „dass sie relevant sind, ohne allzu sehr zu provozieren“, sagte Azizi zur Kleinen Zeitung. Khamenei gehe damit einer direkten Konfrontation mit Israel aus dem Weg, bei der iranische Truppen wie die Revolutionsgarde schwere Verluste erleiden könnten.

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Israel hat in den vergangenen Jahrzehnten mit Angriffen auf Atomanlagen und Anschlägen auf Atomwissenschaftler bewiesen, dass es die iranische Luft- und Spionageabwehr überwinden kann. US-Flugzeugträger in der Region könnten pro-iranische Milizen und iranisches Staatsgebiet mit Kampfjets und Raketen angreifen. Das heißt: Wenn sich der Krieg ausweitet, könnte er den Iran und seine Verbündete auf Jahre hinaus schwächen.

Der Iran riskiert zudem auch politische Rückschläge. Erst vor wenigen Wochen hatte Teheran bei einem Gefangenenaustausch mit den USA die Zusage durchgesetzt, dass sechs Milliarden Dollar an bisher eingefrorenen Auslandsguthaben auf Konten in Katar überwiesen werden sollten. Doch nach dem Hamas-Angriff auf Israel haben die USA und Katar die Summe wieder gesperrt.