Der Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes übernimmt die Verantwortung dafür, dass der Angriff der Hamas nicht verhindert wurde. "Es war uns trotz einer Reihe von Maßnahmen am Samstag leider nicht möglich, eine ausreichende Warnung herauszubringen, die eine Vereitelung des Angriffs ermöglicht hätte", erklärte Shin-Bet-Direktor Ronen Bar. "Als Leiter der Organisation liegt die Verantwortung bei mir." Dazu werde es Untersuchungen geben. "Jetzt kämpfen wir."
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte die libanesische Hisbollah-Miliz und den Iran vor Angriffen sein Land. "Stellt uns im Norden nicht auf die Probe", sagte Netanjahu am Montag im Parlament zu Beginn der Wintersitzungsperiode. "Wiederholt nicht euren früheren Fehler, weil der Preis diesmal viel schlimmer sein wird." US-Präsident Joe Biden habe ihnen auf Englisch gesagt: "Don't do it" – tut es nicht. "Ich sagte euch auf Hebräisch: Seid vorsichtig."
Seit den verheerenden Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel und den Gegenschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen kam es in den vergangenen Tagen regelmäßig zu Zwischenfällen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon, die Sorgen vor einer weiteren Eskalation schüren.
"Wollen Israel zerstören und uns alle ermorden"
"Die Hamas ist Teil der Achse des Bösen von Iran, Hisbollah und ihren Helfershelfern", erklärte Netanjahu. "Sie wollen den Staat Israel zerstören und uns alle ermorden." Ihr Ziel sei es, den Nahen Osten "in den Abgrund des barbarischen Fanatismus des Mittelalters zurückzuführen". Netanjahu verglich die Hamas erneut mit dem Terrornetzwerk Islamischer Staat (IS). Viele Menschen auf der Welt hätten dies verstanden. "Sie verstehen, dass die Hamas eine neue Version des Nazismus ist."
So wie die Welt sich gegen die Nationalsozialisten und den IS verbündet habe, müsse sie dies nun auch tun, um die Hamas zu besiegen. "Wir sagen unseren Freunden in der aufgeklärten Welt: Unser Krieg ist auch euer Krieg. Wenn wir jetzt nicht als geeinte Front zusammenstehen, wird es euch auch erreichen."
Unterdessen tötete die israelische Armee nach eigenen Angaben bei einem Luftangriff in Khan Yunis im Süden des Gazastreifens den regionalen Chef des Hamas-Geheimdienstes. Der Angriff sei in den frühen Morgenstunden erfolgt, sagte ein Armeesprecher am Montag. Die Armee veröffentlichte auf X (Twitter) auch ein Video des Angriffs. Der Name des Mitglieds der in Gaza herrschenden islamistischen Hamas wurde nicht genannt. Israel griff zudem den Grenzübergang von Gaza nach Ägypten an.
Wie AFP-Journalisten berichteten, wurde die Umgebung des Grenzübergangs am Montag von einem Angriff getroffen. Hunderte Palästinenser warteten dort auf eine Ausreise aus dem abgeriegelten Küstenstreifen.
Gazastreifen seit 7. Oktober unter Dauerbeschuss
Der Grenzübergang Rafah, der von der israelischen Luftwaffe Anfang vergangener Woche binnen 24 Stunden schon drei Mal bombardiert worden war, war am Montag weiterhin geschlossen. Er ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Grenzübergang zum Gazastreifen. Palästinenser mit ausländischen Pässen warten seit Tagen vergeblich auf Durchlass, darunter auch zahlreiche Kinder. Auf der ägyptischen Seite stauen sich außerdem lange Lkw-Konvois mit Hilfslieferungen.
Nach dem Großangriff der Hamas am 7. Oktober nahm die israelische Armee den Gazastreifen unter Dauerbeschuss und riegelte das dicht besiedelte Küstengebiet vollständig ab. Zudem bereitet das israelische Militär eine groß angelegte Bodenoffensive vor und forderte 1,1 Millionen Bewohner im Norden des Gazastreifens zur Flucht in den Süden auf. Bisher wurden bei den israelischen Angriffen im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben etwa 2750 Menschen getötet.
Auf israelischer Seite wurden bei dem Angriff der Hamas nach israelischen Angaben mehr als 1400 Menschen getötet und mindestens 199 weitere in den Gazastreifen verschleppt.