Schuldig des Hochverrats, 25 Jahre Haft im Straflager – es ist das bisher härteste Urteil gegen einen Oppositionellen in Russland. Nachdem Wladimir Kara-Mursa im April 2022 den Ukraine-Krieg verurteilt hatte, war er in einem Eilverfahren zu 15 Tagen Haft verurteilt und als "ausländischer Agent" eingestuft worden. Im Oktober kam die Anklage wegen "Hochverrats" dazu. Er hatte sich im Ausland über die russische Führung öffentlich kritisch geäußert.
Der 41-Jährige ist einer der letzten prominenten Oppositionellen, die noch in Russland leben. Schon früh warnte er "Über die Gefahr des Putinismus" – diesen Artikel veröffentlichte er 2004 mit seinem politischen Wegbegleiter und engen Freund Boris Nemzow.
Freund und Wegbegleiter 2015 erschossen
Dass Kara-Mursa überhaupt noch am Leben ist, ist alles andere als selbstverständlich. Im Mai 2015 überlebte er ein multiples Organversagen nur knapp, die Ursache soll ein Giftanschlag gewesen sein. Im Februar 2017 musste er erneut auf die Intensivstation. Diagnose: Vergiftung. Noch heute ist er schwer davon gezeichnet. Sein Freund Nemzow hatte weniger Glück, er wurde 2015 durch Schüsse in den Hinterkopf getötet.
Kara-Mursa lebte und arbeitete lange in den USA, kehrte den drohenden Gefahren zum Trotz nach Russland zurück. Seine Frau und seine drei Kinder sind aus Sicherheitsgründen nach wie vor in den USA.
Für die vielen persönlichen Opfer und den Mut, den der ehemalige Journalist gegen den immer autoritärer handelnden Kreml aufgebracht hat, erhielt Kara-Mursa prestigeträchtige Menschenrechtepreise wie den Václav-Havel-Preis des Europarats im letzten Jahr.
"Russland wird frei sein"
Das gestrige Urteil des Moskauer Gerichts nahm Kara-Mursa mit einem Lächeln auf und forderte seine Unterstützer mit einer Geste auf, ihm ins Gefängnis zu schreiben. "Russland wird frei sein", zitierte er nach dem Urteil einen bekannten Leitspruch der russischen Opposition. Er will Berufung einlegen.