Ungarn will den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin einem führenden Regierungsvertreter zufolge ignorieren. Putin würde nicht verhaftet, wenn er nach Ungarn käme, sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orbán, Gergely Gulyás, am Donnerstag. Es gäbe für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage in Ungarn.
Ungarn hat zwar das Römische Statut als vertragliche Grundlage des IStGH unterzeichnet und ratifiziert. Es sei aber nicht in das ungarische Rechtssystem integriert worden, sagte Gulyás. Auf Basis des ungarischen Rechts könne Putin nicht verhaftet werden. Auf Nachfrage sagte Gulyás, die Regierung in Budapest habe sich zu dem Haftbefehl gegen Putin keine Meinung gebildet. Seine persönliche Meinung sei aber, dass diese Entscheidungen nicht sehr glücklich seien, da sie die Dinge in Richtung einer weiteren Eskalation und nicht in Richtung Frieden führten.
Der IStGH in Den Haag verfügt über keine eigenen Polizeikräfte und ist darauf angewiesen, dass seine Mitgliedsstaaten Verdächtige festnehmen und überstellen. Er hatte am Freitag einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt und ihn beschuldigte, verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder und die erzwungene Überführung von Ukrainern in die russische Föderation zu sein.
Während die Ukraine den Haftbefehl begrüßte, wies Russland die Vorwürfe als ungeheuerlich zurück. Die Führung in Moskau hat erklärt, als humanitäre Schutzmaßnahme Tausende Kinder aus Konfliktgebieten nach Russland gebracht zu haben. Putin ist nach Omar al-Bashir aus dem Sudan und Muammar al-Gaddafi aus Libyen der dritte Staatschef, gegen den in seiner Amtszeit ein IStGH-Haftbefehl ausgestellt wurde. Der Strafgerichtshof wird von 123 Staaten getragen, Russland ist nicht darunter.