446 Tage, nachdem er eingesetzt wurde, endet der ÖVP-U-Ausschuss heute. Am heutigen Mittwoch müssen die Parteien ihre Abschlussberichte der Parlamentsdirektion übermitteln. Sie werden an das 505-seitige Werk von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl angehängt. Mit der Vorlage des Gesamtberichts vor dem Nationalrat ist die parlamentarische Untersuchung dann auch offiziell beendet.

82 Auskunftspersonen wurden befragt, 25,5 Millionen Aktenseiten durchsucht und 1,7 Terabyte Daten haben sich angesammelt. 1,5 Millionen vertrauliche, geheime und streng geheime Seiten Papier konnten sich die Abgeordneten durchlesen. Das Ergebnis ist aus Sicht von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl durchwachsen.

Saubere Justiz und mächtige Parteifreunde

In der Justiz sieht er etwa kein korruptes System. Bei der Besetzung von Posten scheine es aber wohl zumindest durch persönliche und politische Nähe "eine faktische Einflussmöglichkeit auf Begutachtungskommissionen und Besetzungsvorschläge gegeben zu haben". Und in der Steuercausa des steirischen Investors Siegfried Wolf sieht der pensionierte Strafrichter gar "ausreichend Anhaltspunkte", die Korruption "jedenfalls im Sinn politischer Einflussnahme und Verantwortlichkeit nahelegen".

Der pensionierte Strafrichter spricht explizit kein Urteil und verweist in vielen Bereichen auf die Aufarbeitung durch die Justiz. Reformbedarf ortet er aber etwa bei transparenteren Bestellverfahren, einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft, der Stärkung nicht öffentlicher Ermittlungsverfahren sowie der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes und einer Cooling-off-Phase, bevor Personen aus der Gesetzwerdung in den VfGH wechseln.

Intransparente Vergaben und die Macht der Generalsekretäre und politischen Kabinette der Ministerien kritisiert Pöschl. Er empfiehlt daher, die politischen Büros in ihren Zuständigkeiten, aber auch personell und budgetär zu beschränken. Auch eine Reform der Verfahrensordnung des U-Ausschusses fordert Pöschl ein.

Vom Freispruch bis zu "systematischer Korruption"

Deutlicher als der Jurist formulieren es die politischen Parteien: "So korrupt ist die ÖVP" titelte die SPÖ ihren Abschlussbericht. "Wir haben es mit systematischer Korruption zu tun und nicht mit irgendwelchen Einzelfällen", erklärte Fraktionschef Kai Jan Krainer.

Auch die Grünen, immerhin Koalitionspartner der ÖVP, sahen eine "große Täuschung" durch die Volkspartei bestätigt. An fehlender Integrität in der Politik würde sich nichts ändern, "solange wir Illusionskünstler bei Wahlen mit unserer Stimme belohnen", sagte Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli.

ÖVP, FPÖ und Neos haben ihre Berichte noch nicht öffentlich präsentiert. Heute müssen sie aber der Parlamentsdirektion übermittelt werden. Doch schon durch den Bericht von Verfahrensrichter Pöschl sah ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger seine Partei entlastet: "Außer Spesen nichts gewesen", die Vorwürfe würden sich "in Luft auflösen".

Pöschl sieht das anders und empfahl Hanger im Ö-1-Radio, "den Bericht noch ein bisschen genauer zu lesen". Bestätigt sahen sich FPÖ und Neos. Die Freiheitlichen konnten auch ein "System Pilnacek" verorten – und kritisieren mangelnde Reformen. Die Neos sehen dabei auch die Grünen stark in der Verantwortung.