Der Verein "Österreichischer Seniorenbund" ist – wie die ÖVP-Teilorganisation Seniorenbund – der ÖVP zuzurechnen. Zu dieser Erkenntnis ist heute der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) gekommen. Weil die ÖVP Einnahmen und Ausgaben des Vereins und seiner Landesvereine nicht im Rechenschaftsbericht ausgewiesen hatte, muss die Partei nun 15.000 Euro Strafe zahlen. Für die Partei könnte das Urteil aber Folgen in Millionenhöhe haben.
Denn das Ressort von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) prüft derzeit die Rückforderung von Coronahilfen. Allein der Verein "OÖ Seniorenbund" hatte fast zwei Millionen Euro an Coronahilfen aus dem Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen erhalten – obwohl diese explizit nicht für Parteien gedacht waren. Logo, Adresse, Telefonnummer, Geschäftsführer und Vereinspräsident des Vereins OÖ Seniorenbund und der ÖVP-Teilorganisation in Oberösterreich waren deckungsgleich. Die Finanzen seien aber streng getrennt, wurde stets betont. Andere ÖVP-Organisationen hatten bereits 80.000 Euro zurückzahlen müssen.
"Bestimmender Einfluss"
Mit der Entscheidung des UPTS könnte diese Verteidigung wohl nicht mehr aufrechterhalten werden. Anlass war der Rechenschaftsbericht der ÖVP aus dem Jahre 2019. Weil die ÖVP die Einnahmen und Ausgaben des Seniorenbundes dort nicht angeführt hat, hat sich der Rechnungshof an den UPTS gewandt. Und dieser hat nun seine schon 2018 gefasste Ansicht bekräftigt, dass der Seniorenbund sehr wohl als Teil der ÖVP zu werten ist und daher im Rechenschaftsbericht aufscheinen müsste. Die von Kogler zu prüfende Zulässigkeit der NPO-Hilfen war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Ausschlaggebend für die Entscheidung des UPTS waren u. a. die starken personellen Überschneidungen zwischen der Seniorenorganisation der ÖVP und den formal unabhängigen Vereinen. Beispielsweise fungierte in Oberösterreich bis zuletzt Altlandeshauptmann Josef Pühringer als Obmann sowohl der Partei-Senioren als auch des Vereins. Außerdem verweist der Senat darauf, dass sich der Seniorenbund selbst im Internet noch im Vorjahr als Teilorganisation der ÖVP bezeichnet hat. Der "bestimmende Einfluss" des Seniorenbundes könne "nicht geleugnet werden", befand der UPTS.
Man werde beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde in Sachen Seniorenbund einlegen. Denn da handle es sich "aus unserer Sicht um eine offene Rechtsfrage, die wir vor Gericht klären werden", kündigte Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung an. Er sieht durchaus "gute Chancen". Denn schon 2018 habe das BVwG in einer ähnlichen Frage nicht die Ansicht des UPTS geteilt, sondern letztlich anerkannt, dass es sich bei Verein und Teilorganisation um zwei getrennte Seniorenbund-Organisationen handle. Auch Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) kündigte an, die Entscheidung des BVwG abzuwarten.
Beinschab-Umfragen ohne Strafe
Deutlich weniger schmerzhaft für die ÖVP dürfte eine zweite Entscheidung des UPTS ausfallen: Wegen des "unvollständigen und unrichtigen Ausweises von Kreditkosten und Kreditrückzahlungen der Landesorganisation Kärnten" im Rechenschaftsbericht muss die ÖVP 5000 Euro Strafe zahlen.
Zehn andere vom Rechnungshof an den UPTS übermittelte Verdachtsmomente gegen die ÖVP wurden vom UPTS eingestellt. Darunter waren etwa mögliche unzulässige Spenden im Zusammenhand mit dem steirischen Bauernbundball oder parteipolitische Umfragen der Meinungsforscherin Sabine Beinschab auf Kosten des Finanzministeriums. Zwar vertritt auch der UPTS die Ansicht, dass es eine unzulässige Spende wäre, wenn ein Ministerium die Kosten für Parteiarbeit trägt. Der Bericht des Rechnungshofs weise aber "keine konkreten Hinweise, dass die zugrunde liegenden Umfragen auch parteipolitisch motivierte Fragestellungen umfasst haben", auf.
SPÖ zahlt für Löwelstraße keine Strafe
Nicht gefolgt ist der Senat unter dem früheren VwGH-Richter Wolfgang Pallitsch auch der Beschwerde des Rechnungshofs wegen der Einmietung SPÖ-Zentrale in einer gemeindeeigenen Immobilie in der Wiener Löwelstraße. Der günstige "Friedenszins" wurde als zulässig erachtet, weil es rechtlich unmöglich gewesen wäre, die Miete darüber hinaus zu erhöhen. Sehr wohl zahlen soll die SPÖ aber wegen günstiger Räumlichkeiten für die SPÖ Perchtoldsdorf (7.000 Euro) und für eine nicht unverzüglich gemeldete Spende (3.000 Euro).
Teurer kommt die FPÖ Oberösterreich die Finanzierung eines Magazins der Partei ("OÖ informiert") durch das Freiheitliche Bildungswerk. Für diese unzulässige Spende soll die Partei 50.000 Euro Geldbuße bezahlen.
Erstmals haben am Montag auch die Grünen eine Strafe vom Parteien-Senat ausgefasst - und zwar wegen einer nicht ordentlich deklarierten Spende von 9.876 Euro einer Bürgerliste an die Partei. Diese Summe wird nun als Geldbuße fällig. Eingestellt wurde dagegen eine Beschwerde des Rechnungshofs wegen eines zinslosen Darlehens des Grünen Parlamentsklubs an die Bundespartei nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat 2017.
Auch die NEOS sollen wegen Verstoß gegen das Parteiengesetz eine Geldbuße bezahlen. Dabei handelt es sich um ein Inserat mit der EU-Abgeordneten der NEOS, Claudia Gamon, dessen Kosten die EU-Parlaments-Fraktion "renew europe" übernommen hat. Diese Spende wurde im Rechenschaftsbericht nicht ausgewiesen, so das Urteil des UPTS und verhängte eine Strafe von 8.508 Euro.
Alle Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können dagegen berufen - und die ÖVP kündigte dies auch umgehend an.