Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigt einen weiteren Energiekostenzuschuss für Unternehmen an. Aufgrund des neuen deutschen Modells für eine Gaspreisbremse habe man hier einen Nachbesserungsbedarf - es dürfe keinen Wettbewerbsvorteil für die deutsche Industrie geben, so der Kanzler in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Die Maßnahme werden gerade zwischen Finanz-, Wirtschafts- und Infrastrukturministerium verhandelt und soll noch vor Weihnachten vorliegen.
Von den angekündigten zusätzlichen 500 Mio. Euro zur Ausweitung des Wohn- und Heizkostenzuschusses sollen 50 Mio. Euro für Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit reserviert werden. "Wenn Delogierungen drohen, soll damit gegensteuert werden", so Nehammer.
Scharf ging Nehammer mit dem FPÖ-Chef und dessen Kritik an den Sanktionen gegen Russland aufgrund des Ukraine-Kriegs ins Gericht: "Was der radikalisierte Herbert Kickl mit seiner FPÖ von sich gibt ist reiner Unsinn." Dessen Aussagen seien "gleichlautend mit der russischen Kriegspropaganda." Und: "Warum wir heute in schwierigen Zeiten leben, ist Schuld des Krieges und nicht der Sanktionen."
Wenig gibt der Kanzler und ÖVP-Chef auf derzeitige Umfrageergebnisse, die seine Partei nur auf Platz drei sehen. Die einzigen Zahlen, die ihn bis zu nächsten Nationalratswahl 2024 interessieren, seien die Höhe der Inflationsrate und der Gas-Speicherstände. Stimmenanteile seien erst am Wahltag relevant. Dass es derzeit nicht gerade einfach sei, ÖVP-Obmann zu sein, sei "kein Geheimnis", gab Nehammer zu. Angesichts der Krisen sei das aber ziemlich nebensächlich. "Glauben Sie wirklich, dass mich so eine Umfrage erschüttert, wenn ich sie sehe?"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah im "Pressestunden"-Auftritt Nehammer in einer Aussendung ein "Spiegelbild der bisherigen Performance" der Regierung. "Eine Stunde lang erfolglose Selbstverteidigung gegen die Kritik des Nichts-Tuns und Scheiterns in den wichtigen politischen Bereichen Teuerung, Energiesicherheit und Migration." Seine Zusammenfassung: "Viele Baustellen, keine Lösungen." Statt Maßnahmen zur Senkung der Preise gebe nur "Zaudern und Zögern und Einmalzahlungen, die rasch verpuffen und gegen die Inflation nicht wirksam sind".
Die FPÖ ortet beim Kanzler ein "Abschieben der Verantwortung" und das "Schönreden von Versagen" gepaart mit einer "ordentlichen Portion Wehleidigkeit und Realitätsverweigerung". Wenn es noch einen weiteren Beweis gebraucht hätte, dass Österreich besser heute als morgen in Neuwahlen gehen muss, Nehammer hat ihn heute geliefert", so Generalsekretär Michael Schnedlitz.
Veto zum Schengen-Beitritt
In der heutigen Pressestunde hat Nehammer einmal mehr das Veto gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien verteidigt. Die Argumente sind nicht neu. 75.000 der 100.000 an der Ostgrenze Aufgegriffenen waren nicht registriert, was als Beleg für den gescheiterten EU-Außengrenzschutz diene. 40.000 kamen auf dem Luftweg über Serbien nach Europa, weitere 40.000 auf dem Landweg über Bulgarien. Von den insgesamt 100.000 Personen gelangten 80.000 direkt über Ungarn nach Österreich, 20.000 wählten den Umweg über Rumänien. Neu ist, dass Österreich gemeinsame Streifen mit Ungarn im Hinterland plant. Nehammer prägt in dem Kontext einen neuen Begriff: Asylbremse.
Michael Jungwirth/APA