Am Freitag findet die erste Sitzung der Untersuchungskommission zur Wien Energie statt. Die ÖVP, die die Kommission gemeinsam mit der FPÖ auf Schiene gebracht hat, hat nun eine erste Liste an Beweisanträgen erstellt, wie sie am Sonntag der APA mitteilte. Man will nicht nur zahlreiche Zeugen hören, sondern fordert auch die Vorlage von Akten, Dokumenten bzw. Korrespondenz in der Causa - und wünscht dazu auch Einblick ins Diensthandy von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Das Gremium, in dem alle Gemeinderatsfraktionen entsprechend ihrer Stärke vertreten sind, wird zumindest ein Jahr lang die Vorgänge rund um den im Sommer bekannt gewordenen dramatischen Finanzbedarf des Versorgers unter die Lupe nehmen. Die Wien Energie musste - wie andere Unternehmen in Europa auch - für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren.

Per Notkompetenz 1,4 Milliarden Euro bereitgestellt

Bürgermeister Ludwig hatte deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Milliarden Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese 1,4 Milliarden Euro knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere zwei Milliarden Euro, die jedoch bisher noch nicht benötigt wurden.

In der U-Kommission soll nun unter anderem geklärt werden, wie es dazu kam, dass der Bürgermeister die ihm zustehende Notkompetenz angewendet hat. Gewünscht wird die Vorlage der entsprechenden Notkompetenzakten, wie die ÖVP der APA mitteilte. Verlangt wird Einblick auch in den Mail-Schriftverkehr Ludwigs bzw. seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Präsidialsektion in der Magistratsdirektion - sofern dieser in Zusammenhang mit der Krediterteilung steht.

Information über die Korrespondenz des Stadtchefs

Doch die Volkspartei möchte auch generell Information über die Korrespondenz des Stadtchefs im Hinblick auf die Wien Energie. Hier werden Dokumente sogar ab dem September 2021 beantragt. Konkret wird etwa die Vorlage des elektronischen - oder allenfalls analogen - Kalenders bzw. sämtlicher Kalendereinträge und sonstiger Aufzeichnungen verlangt, in denen es um die Wahrnehmung der Eigentümerrechte der Gemeinde geht.

Weiters möchte man die für die Causa relevanten Telefonatlisten am dienstlichen Mobiltelefon Ludwigs sehen sowie "elektronische Dateien der Kommunikationsverläufe auf dem Diensthandy bzw. einem Dienst-Tablet wie SMS, iMessage, WhatsApp, Signal oder Telegram". Wobei das Begehr nicht nur den Stadtchef betrifft. Auch zu Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) werden in der Kommission entsprechende Anträge einlangen.

Zeugen auf ihre Liste gesetzt

Die ÖVP hat auch bereits Zeugen, die sie unbedingt hören möchte, auf ihre Liste gesetzt. Neben Ludwig und Hanke sind dies die Chefs der Wien Energie und der Stadtwerke, Michael Strebl und Peter Weinelt, Magistratsbedienstete, zahlreiche Mandatarinnen und Mandatare der SPÖ sowie Vertreter des Koalitionspartners NEOS, also etwa Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr.

Auch die Frage, ob die Versorgungssicherheit der Wienerinnen und Wiener gefährdet war, will man erörtern. Dazu sollen unter anderem Finanzexperten bzw. E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch Rede und Antwort stehen.

Auch eine Minderheit kann Zeugen begehren

In einer U-Kommission des Gemeinderats kann die Ladung von Zeugen bzw. die Beantragung von Beweisen inzwischen auch dann beschlossen werden, wenn die Mehrheit dagegen ist. Es reicht aus, wenn ein Viertel der Mitglieder des Gremiums das möchte. Bis zu einer kürzlich beschlossenen Reform des Gremiums konnte eine Mehrheit Beweisanträge ohne Begründung ablehnen. Und da die Mehrheitsverhältnisse in den Kommissionen analog zum Gemeinderat oder Landtag gestaltet sind, bedeutete dies, dass die Regierungsfraktionen hier stets die Oberhoheit hatten.

Nun kann auch eine Minderheit Zeugen begehren. Die Mehrheit kann zumindest das neue Schiedsgremium anrufen, wenn sie hier anderer Meinung ist. Bei der Schiedsinstanz handelt es sich um das nun aufgewertete dreiköpfige Vorsitz-Team. Die Vorsitzenden konnten bisher keine solchen Entscheidungen fällen, nun können sie aber über strittige Verfahrenspunkte befinden.

"Hätte zuständige Gremien locker befassen können"

ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch zeigte sich überzeugt, dass die Wienerinnen und Wiener gerne eine Antwort auf die Frage hätten, warum ein "überforderter" Bürgermeister mit einer einzigen Unterschrift "einfach so" 1,4 Milliarden Euro vergeben könne, ohne irgendjemanden informieren zu müssen. "Aus unserer Sicht wusste Michael Ludwig früh genug darüber Bescheid, wie es um die Wien Energie steht und hätte daher auch die zuständigen Gremien locker befassen können", so Wölbitsch gegenüber der APA.

Man wolle nun mit Beweisanträgen für Aufklärung sorgen. "SPÖ und NEOS können jetzt zeigen, ob sie es mit der Transparenz auch wirklich ernst meinen", sagte Wölbitsch.