Der Wiener ÖVP-Bundesrat und Ex-Alcatel-Vorstand Harald Himmer gestand heute im Wiener Landesgericht, Ende 2007 und Anfang 2008 als Manager der Alcatel-Lucent Austria AG seine Befugnisse missbraucht und das Unternehmen am Vermögen geschädigt haben. Das gegen ihn laufende Strafverfahren konnte daraufhin diversionell erledigt werden: Sobald Himmers Geldbuße von 11.500 Euro am Konto der Justiz einlangt, ist der Fall für den ÖVP-Bundesrat erledigt und er gilt als nicht vorbestraft.
Staatsanwalt Bernhard Löw hatte selbst den Weg zu dieser Lösung geebnet: "Sollte Himmer Verantwortung übernehmen, wäre das aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klassischer Fall für eine Diversion", hatte Löw zu Beginn des Verhandlungstags erklärt. Der zur Anklage gebrachte Sachverhalt sei 15 Jahre her, Himmer habe sich seither wohl verhalten und sei gerichtlich unbescholten. Eine Diversion "würde die Sache vereinfachen. Aber es soll niemand etwas gestehen, was er nicht gemacht hat", sagte Löw.
Überraschend folgte der ÖVP-Bundesrat, der die Vorwürfe gegen sich bisher stets zurückgewiesen hatte, dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft. Er und Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer wären überein gekommen, sich der Dienste des Lobbyisten Peter Hochegger zu bedienen, um die PR für die Glasfasernutzung im Breitband-Bereich zu forcieren: "Hochegger war damals eine angesehene Persönlichkeit, daher ist mir das alles sehr schlüssig erschienen." Man habe auf "gemeinsame Marketing-Mittel" beider Unternehmen zurückgegriffen und bei Hocheggers Valora AG zwei Studien beauftragt.
"Kleiner Fehler mit großer Wirkung"
Insgesamt 244.800 Euro sollen an den Ex-Lobbyisten geflossen sein. Weniger sei es ihm dabei um die Studien, sondern um Hocheggers Lobbying-Künste gegangen. Man habe gewusst, dass dieser bei Behörden und Regierungsparteien erfolgreich interveniere: "Mein Verständnis war, dass ein Teil seiner Leistungen dadurch abgebildet wird und die Studien eine Richtschnur für die Themenfelder sind, für die er beauftragt ist", erklärte der ÖVP-Bundesrat, der bei der Nationalratswahl 1990 mit dem Slogan "Bonzen quälen, Himmer wählen" um Stimmen geworben hatte.
Dass dies nicht korrekt war, sehe er ein: "Man kann auch einen kleinen Fehler mit großer Wirkung machen. Ich möchte das nicht kleinreden, weil es um einen relevanten Geldbetrag gegangen ist." Mit seinem Handeln habe er aber "keine Strukturen umgangen", betonte der Ex-Alcatel-Vorstand: "Das hätten wir sicher präziser abbilden können." Dezidiert in Abrede stellte Himmer, dass es - wie von Hochegger behauptet - zu einem Dreier-Treffen mit Fischer und Hochegger im Wiener Hotel Intercontinental gekommen sei: "Hundert Millionen Prozent nicht, wie Otto Baric sagen würde." Er persönlich habe auch kein Geld aus den inkriminierten Zahlungsflüssen erhalten, versicherte der ÖVP-Bundesrat.
Rechtskräftig ist die Diversion noch nicht. Da die Sache berichtspflichtig ist, benötigt die Staatsanwaltschaft Wien als weisungsgebundene Behörde formal noch die Zustimmung der übergeordneten Stellen. Es ist allerdings wohl davon auszugehen, dass der zuständige Staatsanwalt sein Vorgehen mit den übergeordneten Behörden akkordiert haben dürfte.