Die Wogen gehen hoch, seit bekannt wurde, dass die Wien Energie Liquiditätsprobleme hat, und die Bundesregierung um finanzielle Unterstützung bat. Laut Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) habe man diese "selbstverständlich zugesagt". Man kläre offene Fragen. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer kritisiert gegenüber der Kleinen Zeitung aber, dass es "verwunderlich sei, dass Wien seit drei Wochen vom Problem weiß und erst, wenn es Spitz auf Knopf steht, die Bundesregierung informiert. Da stellt sich die Frage des Verantwortungsbewusstseins."

Und die Situation ist schon länger dramatisch, wie Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erklärte. Bereits im Juli seien 700 Millionen Euro von der Stadt Wien bereitgestellt worden, am Montag weitere 700 Millionen Euro. Diese 1,4 Milliarden Euro seien von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) via Notrecht an das Unternehmen geflossen, der zuständige Ausschuss im Gemeinderat werde erst nach der Sommerpause damit befasst. Für weitere "Finanzierungserfordernisse" habe Hanke (SPÖ) den "akuten" Bedarf mit sechs Milliarden Euro beziffert. Nun denkt man über einen Kredit in Milliardenhöhe nach – abgewickelt über die Bundesfinanzierungsagentur.

Zwischen sechs und zehn Milliarden Euro fehlen der Wien Energie offenbar. Bis heute, 12 Uhr, müsste das Finanzministerium rund zwei Milliarden Euro freigeben, damit die Verträge mit rund zwei Millionen Wienerinnen und Wienern nicht gekündigt werden. Vor 48 Stunden sei sein Ressort per Brief über die finanziellen Probleme informiert worden, nun müsse man noch prüfen, wie das passieren konnte und wie man rasch helfen könne, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) heute im Ö1-Morgenjournal.

Das Finanzministerium sei vor 48 Stunden per Brief über die finanziellen Probleme informiert worden, nun müsse man noch prüfen, wie das passieren konnte und wie man rasch helfen könne, sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) im Ö1-Morgenjournal.

Dreimal soviel Strom verkauft als selbst produziert?

Weniger konkrete Antworten hatte Hanke in der ZiB2 auf die Frage parat, wie sich erklären lässt, dass die Wien Energie zuletzt dreimal so viel Strom verkauft hat, als sie selbst im Jahr produzieren kann. Trotz dieser Zahlen wies der Stadtrat den Vorwurf der Börsenspekulation zurück.

Die Stadt Wien erklärte, dass am Freitag der Strompreis im Großhandel nochmals stark angesprungen sei. Zudem haben sich die Kautionen zur Absicherung für künftige Transaktionen vervielfacht. Hanke, Eigentümervertreter der Wien Energie, war um Beruhigung bemüht. Man habe den Bund gebeten, einen "Schutzschirm" für die Versorger zu erstellen, da an der Börse aktuell "Mondpreise" für Strom verlangt würden. Wien Energie sei besonders betroffen, da die Eigenproduktion geringer sei. Zudem handle es sich nicht um "verlorene Summen", diese würden nach Abschluss des Geschäftes zurückfließen. Aber: Das Schutznetz könne gar bis zu zehn Milliarden Euro betragen.

Opposition will Sondersitzung im Nationalrat

Weil Wien Energie ausgelagert ist, hat die Opposition keine Kontrollrechte, entsprechend hart kritisiert die ÖVP die "stillschweigenden Finanzspritzen". Die FPÖ erwartet angesichts der finanziellen Schieflage der Wien Energie und der Teuerung eine "Krise epischen Ausmaßes" und fordert eine Erklärung von Wien-Chef Michael Ludwig (SPÖ) sowie eine Sondersitzung im Nationalrat.

Die Bundes-SPÖ sieht die Regierung verantwortlich, sie habe laut Jörg Leichtfried "nichts im Griff". Tirols ÖVP-Chef Anton Mattle zeigte wenig Verständnis für die Hilfe. "Klar muss sein, dass nicht jene Bundesländer, deren Energieversorger umsichtig gewirtschaftet haben, für die Schwierigkeiten der Energieversorger im Osten aufkommen müssen."

Neos-Vizebürgermeister und Landesparteiobmann Christoph Wiederkehr kritisierte statt dem roten Koalitionspartner vor allem die Wien Energie: Die Geschäftsvorgänge des Energiekonzerns seien "untragbar", das aktuelle Krisenmanagement "unzureichend", der Kommunikation fehle "jeglicher Willen zur Transparenz". Das "Schlamassel" gehöre im Detail aufgeklärt, sowohl durch den Bundes- als auch den Stadtrechnungshof.