Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wurde heute im ÖVP-U-Ausschuss befragt. Dabei konnte der Vorarlberger aber wenig beitragen, hatte er doch zu vielen Belangen keine Wahrnehmung. Der Finanzminister weiß etwa nicht, wo sein Ministerium inseriert. Von öffentlich bekannten Chats seines Kabinettschefs wusste er nichts, er werde aber bei ihm nachfragen, sagte Brunner.
Jürgen Rauch, seines Zeichens Eigentümer des gleichnamigen Fruchtsaftherstellers, ÖVP-Spender und Finanzreferent des Wirtschaftsbundes, wird heute nicht mehr befragt werden, da die Abgeordneten generell nach 17 Uhr keine neue Befragung starten.
Aktuell wird der stellvertretende Leiter des Finanzamts für Großbetriebe befragt. "Wir sind Steuerprüfer und nicht unbedingt die Lieblinge der Nation", erklärte der Beamte, warum er seinem Mitarbeiter in der Causa Illwerke schrieb, man werde "nicht fürs Gefallen bezahlt". In der Causa hatte der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) eine andere Rechtsansicht als die Prüfer der Großbetriebsprüfung - das Land Vorarlberg sparte sich so Millionen an Steuern gegenüber dem Bund. Er wisse, dass es bei seiner Vorgängerin "lautere Diskussionen" mit dem Landeshauptmann in der Causa gab.
Termin mit dem "besten Unternehmer Österreichs"
Auf Fragen der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli erzählte der stellvertretende Leiter der Großbetriebsprüfung von einem Termin auf Wunsch des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid: "Ich habe mir überlegt, ob ich mir ein Sakko kaufen soll, wenn der Generalsekretär anruft" und ihn ins Finanzministerium bestelle, erzählt der Finanzprüfer. Dann sei ihm der laut Schmid "beste Unternehmer Österreichs" vorgestellt worden - René Benko. Dieser habe ihm seine Sichtweise der Dinge dargelegt und gemeint, der Fall müsse bald erledigt werden. Letzteres sah auch der Beamte so - sonst wäre der Fall nämlich verjährt.
Allgemein könne jeder Unternehmer zu ihm kommen und "sein Herz ausschütten", betonte der stellvertretende Leiter der Großbetriebsprüfung. Er werde ihm dann freundlich ein, zwei Stunden zuhören, "einen Kaffee oder Mozartkugeln servieren" und danach weiter prüfen lassen, so der Beamte. Das sei aber kein Treffen - "wir haben keine Treffen mit Abgabgepflichtigen, sondern Besprechungen. Und wenn es wichtig war, gibt es einen Aktenvermerk dazu".
Weniger Inserate aus dem Finanzministerium
In der Prüfung der Inseraten-Affäre seien auch Fehler in den Strukturen des Finanzministeriums gefunden worden, berichtete Finanzminister Brunner am Vormittag. So habe es etwa keine klaren Regeln gegeben, wie Studien in Auftrag gegeben werden sollen. Auch eine zentrale Stelle, die die Vergaben prüft, habe gefehlt. Er habe eine externe Prüfung in Auftrag gegeben, ein entsprechendes Gutachten liege nun vor, man werde das Ressort entsprechend neu aufstellen, sagte Brunner. Einen mächtigen Generalsekretär, wie es Thomas Schmid war, werde man im Finanzministerium nicht mehr brauchen, kündigt Brunner an.
Man werde außerdem die Inseratenvolumina im Vergleich zu vergangenen Jahren "deutlich reduzieren". Schon jetzt werden sämtliche Inserate über eine ausgeschriebene Agentur vergeben, das sei zwar etwas teurer, dafür aber rechtlich klarer. "Wir können Fehler der Vergangenheit nicht ungeschehen machen, das ist klar", man könne aber für die Zukunft lernen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen. "Was man nicht tun soll, ist alle 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BMF pauschal zu verurteilen. Die Verantwortung ist sehr gut, arbeitet sehr gut und ist besser als der Ruf, der durch das Fehlverhalten einzelner passiert ist".
Keine Inserate in Wirtschaftsbund-Zeitschrift
Vor seiner Zeit als Finanzminister war Brunner Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Als solcher schaffte er es in 13 von 16 möglichen Ausgaben der Wirtschaftsbund-Zeitschrift (und in einer doppelt) – jedes Mal "ein Jubelartikel über den Herrn Staatssekretär", betont etwa die FPÖ.
Es sei "relativ logisch", dass man als Vorarlberger Staatssekretär auch in solchen Blättern öfter vorkomme, sagte Brunner. Inserate seien das "natürlich nicht" gewesen. Er hätte als Staatssekretär auch nicht das Budget dafür gehabt, "das hätte mir die Frau Bundesministerin auch, glaube ich, nicht zur Verfügung gestellt".
Er könne ausschließen, jemals persönlich für Inserate in der Zeitschrift gekeilt zu haben, betonte der Finanzminister. Zwar sei er immer wieder bei Veranstaltungen oder Betriebsbesuchen dabei gewesen. Dort habe seine Aufgabe aber darin bestanden, sich mit Unternehmern auszutauschen oder über bestimmte Projekte der Bundesregierung wie beispielsweise die Steuerreform zu informieren.
Zuwendungen vom Wirtschaftsbund an ihn beschränkten sich auf Essenseinladungen oder auf ein "kleines Bier" bei Veranstaltungen. Jedenfalls habe er keine Zahlungen oder geldwerten Leistungen erhalten. Womöglich habe er im Wahlkampf vom Wirtschaftsbund gesponserte "Gummibären oder Manner-Schnitten" verteilt, so Brunner: "Das kann durchaus sein." Einmal habe auch der Wirtschaftsbund das Porto für eine Aussendung bezahlt. Von der Selbstanzeige des Wirtschaftsbundes habe er aus den Medien erfahren.
Wenig beitragen konnte der Finanzminister auch zu Fragen rund um die staatliche Abbaugesellschaft ABBAG und zu einem nachträglich gewährten 1,5 Millionen-Euro-Bonus für den damals bereits aus seiner Funktion ausgeschiedenen ABBAG-Geschäftsführer Michael Mendel - damals noch unter der Zuständigkeit des ehemaligen Finanzminister Hand Jörg Schelling (ÖVP).
Mendel hatte 2016 die für die Banken-Abwicklungen zuständige ABBAG verlassen, mehr als acht Monate später wurde die Bonusvereinbarung geschlossen, durch die er im Jahr 2020 1,5 Mio. erhielt. Laut Rechnungshof gingen außerdem 579.000 Euro an den aktuellen ABBAG-Geschäftsführer Bernhard Perner. Er habe davon aus den Medien erfahren, so Brunner. Er habe jedenfalls keinen Anlass gehabt, an der Rechtmäßigkeit des Bonus zu zweifeln - und er werde das nachprüfen lassen.
Fragliches Thema Vorarlberg
Wieweit die Vorgänge in Vorarlberg Thema sein können, wird auch heute wieder umstritten sein. Der türkise Fraktionschef Andreas Hanger erwartet auch heute "ähnliche Debatten". Es sei ausschließlich Thema, ob es Einflussnahmen auf das Finanzstrafverfahren in Vorarlberg gegeben hat, das Verfahren und damit die mutmaßliche Korruption im Ländle sei nicht Untersuchungsgegenstand, so Hanger. Gestern ist der Verfahrensrichter dieser Argumentation zu großen Teilen gefolgt.
Die FPÖ sieht das anders: "Die Korruption beginnt im Ländle und endet irgendwann in der Bundesregierung", sagt Hafenecker. Es sei "ein Skandal passiert und es ist eine Sauerei, dass man nicht darüber redet". Hanger habe gestern versucht, "das Parlament lächerlich zu machen", findet auch die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli harte Worte über die Taktik ihres Koalitionspartners.
Tomaselli entrüstet auch, dass Landeshauptmann Markus Wallner gestern im U-Ausschuss keine Erinnerung daran hatte, ob er jemals für Inserate in der Wirtschaftsbundzeitschrift geworben hatte. Im Anschluss sagte er aber gegenüber Medienvertretern, er habe das nie getan. Im Ausschuss stehe der Landeshauptmann unter Wahrheitspflicht, erinnerte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer: Was er in die Fernsehkameras gesagt habe, sei daher "ganz sicher die Unwahrheit", so Krainer: "Das geht nicht."
Maximilian Miller