Laut Bildungsministerium besuchten in sieben Bundesländern in etwa drei Viertel der Kinder die Schule, in der Steiermark waren es sogar 80 Prozent, in Salzburg waren es dagegen nur rund 50 Prozent und in Oberösterreich zwischen 60 und 70 Prozent. Tendenziell kamen an den Volksschulen in manchen Bundesländern weniger Kinder, an den Sekundarstufen waren überdurchschnittlich viele Kinder anwesend.
Dabei handelt es sich allerdings erst um erste Zahlen aus den Bildungsdirektionen. Die Zahlen schwanken darüber hinaus je nach Schultyp und Standort. Der Montag sei außerdem noch ein Übergangstag, an dem viele Eltern noch nicht endgültig entschieden hätten, hieß es aus dem Ministerium.
Autonome Entscheidung?
Direktoren- und Lehrervertreter wollen die Möglichkeit bekommen, direkt am Schulstandort über das Schließen von Klassen bzw. die Umstellung auf Distance Learning zu entscheiden. Unterdessen zeigen Elternbriefe von Schulen, dass diese etwa mit Schularbeiten in der geplanten Zeit des Lockdown unterschiedlich umgehen - gleichzeitig lassen sie darauf schließen, dass Eltern mit der Entscheidung, ihr Kind in die Schule zu schicken oder nicht, oft überfordert sind.
Die Details haben es in sich - unter anderem stellen sich Fragen wie der Umgang mit Schularbeiten und Tests oder das Mitkommen bei der Stoffvermittlung für die Daheimgebliebenen. Hier sind die Vorgaben des Bildungsministeriums dehnbar. So sollen etwa Tests und Schularbeiten "nach Möglichkeit nicht stattfinden". Die Vermittlung von Unterrichtsinhalten soll "den Gegebenheiten angepasst" werden. Wer nicht am Präsenzunterricht teilnimmt, ist mit "Lern- und Übungsaufgaben auszustatten", die selbst erarbeitet werden müssen - wobei die Lehrer "wenn machbar" für Fragen zur Verfügung stehen.
Das dürfte zu einem wahren Mail- und Anrufbombardement bei den Direktoren geführt haben, wie diverse Elternbriefe nahelegen. Ein Schulleiter spricht etwa darin von einer "unzumutbaren Entscheidung" für die Eltern und empfiehlt "vorerst" die Teilnahme am Präsenzunterricht, andere vermeiden dezidiert eine von den Eltern eingeforderte irgendwie geartete Empfehlung.
An der einen Schule sollen Schularbeiten zumindest in den ersten Tagen mit den entsprechenden Schutzbestimmungen durchgeführt werden, da sich die Kinder ja schon darauf vorbereitet hätten. Andere sagen diese ab, wiederum andere machen die Entscheidung klassenweise von der Rückmeldung der Eltern bzw. der geplanten Anwesenheit der Schüler abhängig.
Konkretisiert werden von den meisten Schulen die "Lern- und Arbeitspakete": Dabei handelt es sich vor allem um die Information über die in dieser Zeit geplanten bzw. durchgenommenen Kapitel bzw. Beispiele in den Büchern sowie die Hausübungen. Lehrer können ihren Unterricht gleichzeitig streamen, sind dazu aber nicht verpflichtet. Eines machen praktisch alle Schulen klar: Da die Vorgabe derzeit die Abhaltung des normalen Präsenzunterrichts vorsieht, werden dafür vorerst auch alle Lehrerinnen und Lehrer gebraucht - insofern sei Distance Learning für die Daheimgebliebenen grundsätzlich nicht möglich.
Die Lehrer-Gewerkschafter an den Pflichtschulen und den AHS sprechen sich grundsätzlich für offene Schulen aus. Gleichzeitig verlangen sie aber, dass die komplette Umstellung auf Distance Learning auch auf Schulebene möglich sein müsse. Das Schließen von Klassen wiederum soll ebenfalls entweder auf Schulebene (AHS) oder durch die Bildungsdirektion (Pflichtschule) mit nachträglicher Genehmigung durch die Gesundheitsbehörde erfolgen können. Ähnliches hatten am Freitag bereits die AHS-Direktoren gefordert. Außerdem soll an den Schulen häufiger PCR-getestet werden.
Wissenschaft und Schüler fordern Distance Learning
Wissenschafter appellierten am Montag in einem Offenen Brief, die Schulen und Universitäten sofort zu schließen und "Distance Teaching" anzubieten. Die aktuellen Maßnahmen seien ohne Schulschließungen nicht effektiv genug. "Wenn Sie es nicht morgen anordnen, werden Sie es in einer Woche tun müssen", sind die Start- und Wittgensteinpreisträger Erich Gornik (TU Wien), Hanns-Christoph Nägerl (Uni Innsbruck), Norbert Mauser (Uni Wien) und Peter Markowich (Uni Wien) sowie Robert Elsässer (Uni Salzburg) überzeugt. Zudem fordern sie eine "Verpflichtung zur Heimarbeit, wo immer das nicht unmöglich ist". Ein solch "richtiger Lockdown von zwei Wochen würde reichen, die vierte Welle zu brechen".
Ebenfalls 14 Tage Distance Learning - allerdings mit Betreuungsmöglichkeit - fordern rund 100 Schulsprecherinnen und Schulsprecher in einem Offenen Brief. Bundesschulsprecherin Susanna Öllinger von der ÖVP-nahen Schülerunion setzt unterdessen auf "wirklich sichere und offene Schulen für die, die in die Schule wollen", durch lückenloses Contact Tracing und eine strengere Teststrategie. Für jene, die aus Angst vor Ansteckung daheimbleiben, müsse es allerdings einen funktionierenden Hybridunterricht geben. Vom Bildungsministerium fordert sie dringend klarere Kommunikation ein, die derzeitige Situation in den Schulen sei nämlich "sehr chaotisch". SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler ortet gar ein "Management by Chaos am Rücken der Kinder, Eltern und Lehrer*innen".
Aus dem Bildungsministerium heißt es dazu, es herrsche größtmögliche Freiheit, mit der die Schulen erst umgehen lernen müssten:
- Schularbeiten, wenn möglich, nicht, aber doch: dann nämlich, wenn den Schülerinnen und Schülern, etwa dann, wenn sie bereits vorbereitet sind, größerer Schaden aus der Nicht-Abhaltung entstehen würde. Allerdings müssten dann alle die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen.
- Anwesenheit in der Schule nicht, aber doch: dann nämlich, wenn es die Eltern so entscheiden. Keine Anwesenheitspflicht also, aber doch eine deutliche "Einladung", weiterhin am Präsenzunterricht teilzunehmen.
- Distance Learning eigentlich nicht, aber doch: dann nämlich, wenn die Lehrer Ressourcen dafür haben. Konkret ist das dann der Fall, wenn ohnehin alle Kinder einer Klasse zu Hause sind, oder wenn zum Beispiel jene Kinder, die in der Schule sind, in einem Raum sind mit dem Lehrer und seinem Computer, oder wenn Kinder aus mehreren Klassen zusammengezogen werden und dadurch Raum ensteht für einen der Lehrer, Online-Unterricht zu machen.
Faßmann entschuldigt sich
Bildungsminister Heinz Faßmann hat sich beim Lehrpersonal für das Informationschaos rund um die Auswirkungen des Lockdowns für die Schulen entschuldigt. Es sei ihm bewusst, dass man "wahnsinnig wenig Zeit hat", sich vorzubereiten. Er selbst habe auch erst Freitagfrüh vom Lockdown erfahren, er bitte um Nachsicht, so Faßmann im Ö1-Morgenjournal. Doch ihm seien die offenen Schulen und der Präsenzunterricht sehr wichtig. Man habe aus der Erfahrung der anderen Lockdowns gelernt, welche Belastung durch geschlossene Schulen auf die Familien zukäme. Um diese Belastung zu reduzieren, sei dieses Modell entwickelt worden, "auch mit der Bitte, dem übergeordneten Ziel, der Kontaktreduktion, Folge zu leisten und nur die Kinder in die Schule zu schicken", wo es notwendig sei.
Anders als bisherige Lockdowns
In den bisherigen Lockdowns war es bei den Schultypen anders. Damals kamen an den Volksschulen deutlich mehr in die Klassen als an den Unter- und Oberstufen. Dass es diesmal eher umgekehrt ist, dürfte an der für ältere Schüler schon verfügbaren Impfung liegen.
An den Schulen gilt ab heute durchgehend Maskenpflicht - an den Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufen und Sonderschulen müssen Schüler mindestens einen Mund-Nasen-Schutz tragen, alle anderen Schüler sowie alle Lehrer brauchen eine FFP2-Maske. Abgenommen werden darf die jeweilige Maske nur während der Maskenpausen beim Lüften. Außerdem wird dreimal pro Woche getestet - mindestens einmal per PCR-Test.
"Es zeigt sich, dass die Bevölkerung sehr verantwortungsvoll mit unserem Modell umgeht", meinte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einer Stellungnahme. "In Salzburg und Oberösterreich, den Ländern, die sehr betroffen sind, kommen deutlich weniger Schüler als in den anderen Bundesländern. Insgesamt haben die Eltern Vertrauen in unser System und sind froh, dass die Kinder getestet werden."