Lange wurde nach dem Ende des "Ibiza"-Untersuchungsausschuss darüber spekuliert, was die Opposition als nächstes untersuchen wird. Dass ein neuer U-Ausschuss kommen würde, war klar. Vieles war noch nicht abgeschlossen, manchen Themen - etwa der Wirecard-Affäre - konnte kaum nachgegangen werden und spätestens seit letztem Mittwoch liegen ganz neue Vorwürfe auf dem Tisch.
"Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder" heißt daher der neue U-Ausschuss, der heute von der Opposition im Parlament eingebracht wird. Kurz und knapp: ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Anders als beim letzten Ausschuss konzentriert sich also alles auf eine Partei: Die ÖVP.
Von 2017 bis heute
"Damit klar wird, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass in unserem Land in den letzten Jahren ein mutmaßliches System der Korruption und des Machtmissbrauchs zum zentralen Instrument von Regierungspolitik werden konnte", müsse die Aufklärung dort fortgesetzt werden, wo der "Ibiza"-Untersuchungsausschuss aufhören musste", heißt es in dem Verlangen, das von der Opposition heute eingebracht wird.
Untersuchungsgegenstand ist vor allem das Gewähren von Vorteilen durch den Bund an die ÖVP und ihr verbundenen Personen seit Dezember 2017. Aber auch die Vorbereitung solcher Handlungen im Rahmen des "Projekt Ballhausplatz", das das Ziel hatte, Sebastian Kurz zum Bundeskanzler zu machen, sollen untersucht werden.
Inseratenkorruption und Kick-Back-Zahlungen
Wie breit dieses Themengemenge ist, zeigt sich auch an den einzelnen Unterpunkten. Konkret untersucht werden soll etwa die "Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren" werden. Hier werden das unter Kurz angestiegene Inseratenbudget im Außenministerium ebenso beleuchtet werden wie die nun im Raum stehenden Vorwürfe der Manipulation von Umfragen und Inseratenkorruption.
Auch mögliche Kick-Back-Zahlungen zugunsten der ÖVP, Förderungen an der Volkspartei nahestehende Vereine oder "Vorwürfe des 'Maßschneiderns" von Ausschreibungen' sollen hier behandelt werden. Dieser große, erste Themenblock der Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren wird wohl auch von weiteren Ermittlungen der WKStA begleitet werden.
Einflussnahme, Beeinflussung und Begünstigung
Weiters wird sich das parlamentarische Kontrollgremium ansehen, ob es "Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes" gegeben hat. Hier steht die Bestellung von Glatz-Kremsner in den Vorstand der Casinos Austria AG ebenso im Fokus wie die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat der ÖBAG. Auch der Umgang mit Bundesimmobilien wird untersucht - hier findet sich explizit der Name des Immobilienmanagers René Benko im Verlangen auf Einsetzung des neuen U-Ausschusses.
Unter dem Punkt "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" sollen vermeintliche (versuchte) politische Eingriffe in Ermittlungsverfahren, etwa in jenes nach Bekanntwerden des "Ibiza"-Videos, aber auch bei Ermittlungen gegen der ÖVP nahestehende Personen sowie Spenderinnen und Spender der Partei untersucht werden. Aber auch "Vorwürfe der Behinderung der Beweiserhebungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses" und "die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA" soll genau betrachtet werden.
Abschließend will die Opposition unter dem Punkt "Begünstigung bei der Personalauswahl" klären, ob Personen, die der Volkspartei nahestehen, durch den Bund an für die ÖVP günstige Positionen gesetzt wurden. Auch hier sollen etwa Vorwürfe des "'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen" auf der Volkspartei loyale Kandidaten untersucht werden.
Jedenfalls klar ist auch, dass es bis zu einer ersten Sitzung des neuen Ausschusses noch etwas dauern wird. Zu erwarten ist eine solche aufgrund der Fristenläufe wohl erst im neuen Jahr.
Max Miller