Das Impftempo in Österreich ist für Experten "deutlich unter dem Worst Case-Szenario. Das Covid-Prognose-Konsortium, das wöchentlich konsolidierte Kurzfristprognosen zum Verlauf der an Covid-19 erkrankten Personen in Österreich erstellt, nimmt das mit Bedauern zur Kenntnis. In einem aktualisierten Policy Brief wird festgehalten, "dass die Impfgeschwindigkeit im Zuge des Sommers 2021 rapide gesunken ist" und deutlich unter den schlimmsten Befürchtungen liegt. Der Politik wird dringend empfohlen, darauf gegebenenfalls mit mehr Druck zu reagieren.
Bund und Länder beratenangesichts der steigenden Infektionszahlen am 8. September über die Verschärfung der Coronamaßnahmen.
Das Burgenland liegt mit 66 Prozent der Bevölkerung, die bereits voll immunisiert sind, an der Spitze (ohne die Berücksichtigung der unter 12-Jährigen sind es 74 Prozent). Dennoch griff Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) zu einem unkonventionellen Mittel, um die Rate noch zu steigern: Er plant eine Lotterie mit attraktiven Preisen, bis hin zu einem Auto. Derzeit wird noch an den letzten Details gearbeitet, in ein bis zwei Wochen soll das Konzept stehen. Teilnahmeberechtigt sollen auch jene sein, die ihre Impfdosen bereits erhalten haben, um niemanden auszuschließen.
Anreize statt Sanktionen
Anreize statt Sanktionen, das ist das Motto Doskozils. Er selbst galt zu Beginn eher als Skeptiker, der vor Beginn der Impfungen eine Reihe von Fragen geklärt wissen wollte. Erst wenn diese Fragen geklärt seien, werde er sich impfen lassen, so Doskozil damals. Er sprach sich auch gegen "Showimpfungen" von Politikern vor der Augen der Öffentlichkeit aus.
Doch Doskozil hatte sich im November 2020 selbst mit dem Corona-Virus infiziert und musste sich über mehr als eine Woche hinweg daheim erholen. Geimpft wurde er am 1. Juli 2021 - mit Foto. Es reichte ein Stich, weil er noch über viele Antikörper verfügte. „Ich selbst habe gesehen, wie schnell man sich mit dem Virus anstecken kann. Daher ist es mir persönlich sehr wichtig, mein persönliches Umfeld zu schützen", stellt der Landeshauptmann fest.
Die Impfung wirkt
Wurden im Juni 2021 österreichweit noch durchschnittlich täglich rund 37.200 Erstdosen an Impfstoffen verabreicht, sank dieser Durchschnitt im August 2021 auf rund 6.100. Dies, obwohl Daten aus Großbritannien belegten, dass sich die Schutzwirkung auch gegenüber der Delta-Variante nach der zweiten Dosis im Schnitt auf 79 Prozent erhöhe, so das österreichische Covid-Prognose-Konsortium. Bereits wenige Prozentpunkte mehr in der Durchimpfungsrate könnten "zu einem deutlich früheren Abflachen der vierten Welle führen".
Notfalls mehr Druck
Sollte sich der Anteil der Bevölkerung, der sich bisher nicht gegen Covid-19 immunisieren hat lassen, nicht senken lassen, kann für das Prognose-Konsortium eine Reaktion der politischen Entscheidungsträger nicht ausbleiben, so die Experten. Fehlender Impffortschritt müsse "mit stringenteren Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, um ein Abflachen der vierten Welle bewerkstelligen zu können", ist in dem Paper zu lesen.