Die Verunsicherung durch Verschwörungsmythen betrifft bei bestimmten Themen bis zu 44% der österreichischen Bevölkerung, diese Erkenntnis zogen die Wissenschaftler des Corona-Panels der Wiener Universität, die über mittlerweile mehr als ein Jahr hinweg die Stimmung in der österreichischen Bevölkerung sondieren.
Der Wert für diese Verunsicherung ergibt sich aus jene, die an die Mythen ganz fest glauben, jenen, die sich "eher sicher" sind, dass diese Theorien stimmen, und jenen, die sich "unsicher" sind, ob die Behauptungen richtig sind oder falsch. "Falschinformation hat bereits ihr Ziel erreicht hat, wenn Sie Mitbürger und Mitbürgerinnen innen zweifeln lässt", warnen die Forscher.
Der höchste Wert ergab sich im Mai dieses Jahres in Bezug auf die Behauptung
- "Das Coronavirus ist eine Waffe, die absichtlich entwickelt wurde, um Menschen zu schaden"(44 Prozent, vor einem Jahr 42 Prozent),
- gefolgt von der Behauptung "Das Coronavirus wurde im Zuge eines geheimen US-Militärversuchs aus Versehen freigesetzt" (35 Prozent, vor einem Jahr 36 Prozent),
- gefolgt wiederum von der Behauptung "Bill Gates will die Menschheit zwangsimpfen, um damit viel Geld zu verdienen" (31 Prozent, vor einem Jahr 39 Prozent). Einzig der Glaube an das Böse in Bill Gates ist signifikant zurückgegangen...
15 Prozent der Befragten glauben effektiv an den US-Militärversuch, 14 Prozent immer noch an die Mitwirkung von Bill Gates, die übrigen ließen sich zumindest verunsichern.
Die Erkenntnis daraus: die Verunsicherung durch Verschwörungsmythen hat sich nicht verstärkt, es lässt sich ihr aber auch kaum durch Information entgegenwirken, der Lerneffekt hält sich in Grenzen. Beobachtet wurde dabei:
- Befragte, die in Bezug auf das Coronavirus häufiger in Sozialen Medien aktiv sind, und jene, die meinen, dass die Regierung die gesundheitlichen Gefahren des Virus übertreibe, schenken Verschwörungstheorien eher Glauben.
- Die Tendenz, sich von Verschwörungsmythen verunsichern zu lassen, sinkt mit dem Alter, dem Bildungsstand und dem Haushaltseinkommen.
- Mit steigender Bereitschaft, die FPÖ zu wählen, steigt auch die Bereitschaft, Verschwörungsmythen zu glauben. Hingegen sinkt die Verunsicherung durch Verschwörungsmythen mit steigender Bereitschaft, die Grünen zu wählen.
- Menschen mit Migrationshintergrund sind stärker durch Verschwörungsmythen verunsichert.
Die sozioökonomische und parteipolitisch zuordenbare Spaltung der Gesellschaft diesbezüglich sei auch in Bezug auf die unmittelbare Zukunft gesehen eine schwere Hypothek für die Bemühungen um eine Eindämmung der Pandemie. Denn frühere Befragungen des Corona-Panels zeigten auch: Personen, die Verschwörungstheorien glauben, sind weniger gewillt, ihre Verhaltensweisen anzupassen um die Pandemie einzudämmen oder sich impfen zu lassen.
Glaube auch an andere Mythen
Zudem zeigt sich ein starker Zusammenhang zwischen dem Glauben an Coronavirus-Verschwörungstheorien und dem Glauben an andere Mythen, zum Beispiel die Theorie, dass der Klimawandel nicht durch menschliches Handeln verursacht ist. Dies lässt darauf schließen, dass diese gesellschaftliche Entwicklung weder mit der Coronavirus-Pandemie begonnen hat, noch mit der Krise zu Ende gehen wird und dass es durchaus gemeinsame – der Pandemie externe – Erklärungsmuster geben muss, die Menschen zu solchem Glauben an Verschwörungsmythen führen. Schon jetzt, aber auch nach der Pandemie, werde es daher eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe bleiben, diesbezüglich eine "Widerstandsfähigkeit" der Bevölkerung aufzubauen.
Claudia Gigler