Die zusätzlichen Kinderbetreuungspflichten haben die bezahlte Arbeitszeit nach Geschlecht unterschiedlich beeinflusst. Mütter haben ihre Arbeitszeit während der Zeit der Schulschließungen um ein Fünftel reduziert, während die Arbeitszeit von Vätern nach der ersten Schockphase weitgehend unverändert blieb. Somit verstärkte die COVID-19-Pandemie vor allem mittelfristig die traditionelle Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit innerhalb der Haushalte in Österreich.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Lisa Hanzl und Miriam Rehm, die das Momentum-Institut präsentierte. Lisa Hanzl ist ehemalige Mitarbeiterin des Instituts und dissertiert derzeit an der Uni Duisburg - Essen.
Die Quintessenz: Die Corona-Krise trifft Mütter härter als Väter, und Angelpunkt dafür sind die Schulschließungen. Diese haben den Bedarf an Kinderbetreuung zu Hause deutlich erhöht.
Die Daten zeigen, dass das ganz am Anfang noch anders war: Sowohl Frauen als auch Männer haben ihre Arbeitszeit in den ersten
Monaten der Pandemie im Frühjahr 2020 stark reduziert, was offenbar damit zusammenhängt, dass beide Geschlechter gleichermaßen von der zu dieser Zeit sehr verbreitet zur Anwendung gekommenen Kurzarbeit betroffen waren.
Ab Beginn des Sommers 2020 ändert sich das Bild. Der Unterschied der Arbeitsstunden zwischen Müttern und Vätern steigt während der Zeiten von Schulschließungen jeweils signifikant an.
Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, Großeltern konnten wegen des Gesundheitsrisikos nicht mehr aushelfen. Die Mütter reduzierten zwischen März 2020 und März 2021 ihre Arbeitszeit in Zeiten von Schulschließungen etwa um ein Fünftel. Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von gut 26 Stunden sind das wöchentlich fast 6 Stunden.
Die Grafik zeigt, dass die ohnehin vorhandene Differenz zwischen den Arbeitszeiten von Müttern und Vätern in den Zeiten der Schulschließungen signifikant höher wurde. Andere Gründe als die Kinderbetreuung (etwa Kurzarbeit) wurden bereits herausgerechnet.
Die Folgen sind fatal.
- Es besteht das Risiko, dass die Pandemie – vor allem mittelfristig – die traditionelle Aufteilung der unbezahlten Arbeit innerhalb der Haushalte in Österreich verstärkt, anstatt zu einer gerechteren Verteilung der Betreuungsarbeit unter den Eltern zu führen.
- Die Auswirkungen reichen von einer Erhöhung des Gender Pay Gaps über den Gender Pension Gap bis hin zur perpetuierten Unterrepräsentation von Frauen in Spitzenpositionen. Denn die geringere Arbeitszeit und häufigeren Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit von Frauen im Vergleich zu Männern haben sich durchwegs als wichtige Erklärungsfaktoren für all diese wirtschaftlichen Nachteile erwiesen.
Interessant: Die Unternehmen profitierten von der Last, die die Mütter auf sich nahmen. Eben weil die Schulschließungen die Eltern, und da wiederum vor allem die Mütter, ohnehin veranlassten, die Arbeit parallel zur Kinderbetreuung von zu Hause aus zu verrichten habe die Regierung offensichtlich auch auf eine Pflicht zum Home-Office (dann auch für die Männer) verzichten können.
Umgekehrt formuliert: Durch Schulschließungen scheinen somit die politischen Entscheidungsträger:innen Frauen dazu gezwungen zu haben, zu Hause zu bleiben, um ihre Kinder zu betreuen.
Was hätte diese Entwicklung verhindern können? Die Antwort liegt für Lisa Hanzl auf der Hand:
- flächendeckende und gratis verfügbare Kinderbetreuungsmöglichkeiten
- ein Rechtsanspruch auf Elternteilzeit bei vollem Lohnausgleich (also eine erweiterte Form der bestehenden Corona-Regelung) und - ganz generell -
- die Einführung einer 30-Stunden-Woche für Mütter und Väter, eine nicht ganz neue Forderung der SPÖ.
Basis für die Studie sind die Daten des Corona Panels der Uni Wien: Im Zuge von 21 Befragungen innerhalb eines Jahres wurde auch erhoben, inwiefern sich die Arbeitszeit der Befragten als Folge der Corona-Entwicklung reduzierte.
Belastungen hoch
"Dazu kommt, dass die Frauen von dieser Krise auch sonst überproportional betroffen waren", so Lisa Hanzl: Die Arbeitslosigkeit ist in Branchen mit einem hohen Frauenanteil besonders hoch, etwa im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Und der Frauenanteil ist auch unter den „systemerhaltenden Berufen“ höher, in denen der Arbeitsdruck und die Unsicherheit wegen Corona speziell gestiegen sind, da sie z. B. der Gefahr einer Ansteckung direkt ausgesetzt sind.
Studie zu Elementarpädagoginnen
Am Beispiel der Elementarpädagoginnen: Bildungspsychologin Christiane Spiel wies in einer Studie die große Belastung nach. 90 Prozent der Befragten berichten von steigenden Anforderungen, 79 Prozent von großem Zeitdruck und 66 Prozent von häufigem Stress.
67 Prozent der Befragten denken bereits beim Aufwachen und 71 Prozent noch beim Schlafengehen über die Arbeit nach. 64 Prozent empfinden die Anerkennung als nicht angemessen, 80 Prozent das Gehalt als zu gering.
Claudia Gigler