Nach dem überraschenden Rücktritt von Tirols Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) Dienstagabend hat kurz darauf auch Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) seinen Rückzug bekannt gegeben. Tilg war im vergangenen Jahr im Zuge des Corona-Krisenmanagements stark unter Beschuss geraten. Bekannt wurde er durch einen Auftritt in der "ZiB2", in dem er mehrmals wiederholte, dass die Behörden in Sachen Ischgl "alles richtig gemacht" hätten.
Tilg kündigte in einer Aussendung an, nicht weiter in der Politik bleiben zu wollen. Stattdessen kehrt er als Professor für Medizintechnik und Medizininformatik an die Privatuniversität UMIT zurück. Der 53-Jährige war - wie Zoller-Frischauf - bereits seit Beginn der Landeshauptmann-Ära Günther Platters (ÖVP) im Jahr 2008 in dessen Team.
In einer Aussendung meinte Tilg, dass die Bewältigung der Coronakrise eine "besondere Herausforderung" gewesen sei. "Eine Zeit, die uns alles abverlangt hat – auch mir selbst", sagte er. Der Schutz der Bevölkerung sei "zu jedem Zeitpunkt an erster Stelle" gestanden und er sei froh, dass die Tiroler Spitäler "vor einer Überlastung" geschützt werden konnten.
Er sei jedenfalls "mit Leib und Seele Mitglied der Tiroler Landesregierung" gewesen, teilte Tilg mit und bedankte sich insbesondere bei Landeshauptmann Platter sowie unter anderem bei seinen RegierungskollegInnen. Er wolle in den "13 Jahren in der Spitzenpolitik, die intensiv und fordernd waren" aber keines "missen", sagte Tilg.
Tilg - ehemaliger UMIT-Rektor - war neben den Gesundheitsagenden auch für die Bereiche Pflege, Universitäten und Hochschulen zuständig. Vieles sei "gelungen", er blicke dabei auf "die Reform des Rettungs- und Notarztwesens, die Palliativ- und Hospizversorgung, die Pflegeausbildung Neu, die Implementierung von Reha-Einrichtungen, die Spitalsreformen, den Strukturplan Pflege, die Technologieoffensive Tirol oder an die eingerichtete Tiroler Forschungs- und Wissenschaftsförderung" zurück.
Nachfolger sollen am Mittwoch präsentiert werden
Landtagsvizepräsident und Bürgermeister von Galtür, Anton Mattle, soll als Wirtschaftslandesrat folgen. Die Geschäftsführerin des Sanatorium Kettenbrücke, Annette Leja, soll Gesundheitslandesrätin werden, teilte die ÖVP mit. Platter wolle die beiden am Mittwoch dem Parteivorstand vorschlagen. Mattle habe "hohe Kompetenz in wirtschaftlichen Fragen", mit Leja würde man eine "angesehene Expertin und Managerin aus dem Gesundheitssektor" gewinnen, meinte der Landeshauptmann und ÖVP-Parteiobmann.
Filzmaier: "Nachfolger schon aus dem Hut gezaubert"
Im Interview mit der Zeit im Bild 2 bewertet der Politologe Peter Filzmaier dieses Vorgehen als Widerspruch. Landeshauptmann Platter habe oft betont, dass es keine Regierungsumbildung geben werde, nun habe er aber nur Stunden nach den Rücktritten die Nachfolger aus dem Hut gezaubert. Was den Zeitpunkt von Tilgs Rücktritt betrifft, ist sich Filzmaier sicher: "Was soll ein anderer Anlassfall als die Laborsache sein?"
Zwei Stunden vor Tilg trat Zoller-Frischauf zurück
Nur zwei Stunden vor dem Rücktritt Tilgs hatte Zoller-Frischauf ihren Rückzug verkündet. Sie habe nach der Landtagswahl 2018 für sich beschlossen, dass sie "zur Halbzeit der Legislaturperiode in den Landtag wechseln" werde, sagte sie. Dies sei bereits mit Platter seit Beginn der Periode so besprochen gewesen. Die Coronakrise habe dies allerdings ein wenig verzögert. Nachdem die Impfungen nun aber voranschreiten würden, sei der richtige Zeitpunkt für eine Übergabe gekommen, teilte die 62-jährige Obfrau des Tiroler Seniorenbundes mit.
Ihren nunmehrigen Rückzug kommunizierte Zoller-Frischauf über eine private E-Mail-Adresse. Im Landhaus sowie in ÖVP-Kreisen war man APA-Informationen zufolge offensichtlich überrascht über diesen Schritt. Die Innsbruckerin erzielte in der medialen Öffentlichkeit keine größere Breitenwirkung und blieb über die Jahre eher unauffällig. Auch der machtpolitische Faktor Zoller-Frischaufs hielt sich eher in Grenzen. Jedoch galt die 62-Jährige als überaus engagiert und sachorientiert. Zudem zählte sie zu den engen Vertrauten von Landeshauptmann Platter, der entgegen manchen Rumorens - auch im Wirtschaftsflügel der Partei - stets an ihr festhielt.
Verdacht der falschen PCR-Testergebnisse
In Tirol herrscht Aufregung um PCR-Tests. Das Ergebnis von hunderttausenden PCR-Tests wird angezweifelt. Durchgeführt hat sie die Wiener Firma HG Pharma. Dass das Land Tirol den Auftrag über die Abwicklung von PCR-Tests im Umfang von knapp acht Millionen Euro direkt und ohne Ausschreibung der Wiener Firma HG Pharma erteilt hatte, steht dabei in der Kritik. Der "Standard" stellte nunmehr den Verdacht in den Raum, dass seit November "keine oder fachlich nicht richtige Tests geliefert wurden". Das Land sah hingegen keinerlei Ungereimtheiten bei der labortechnischen Befundung sowie der Auftragsvergabe.