Die Debatte um die Maskenpflichtim Parlament sorgt in der FPÖ offenbar für dicke Luft. Nachdem Parteichef Norbert Hofer Mittwoch früh indirekte, aber heftige Kritik an Klubobmann Herbert Kickl wegen dessen Masken-Verweigerung geübt hatte, reagierte dieser mit einem süffisanten Kommentar. Er kommuniziere mit seinem Parteiobmann nicht via Twitter oder Medien und werde deshalb vor der Klubsitzung am Freitag keinen Kommentar abgeben: "Alles andere wäre selbstüberhöhend."
Kickl, der die Maske im Parlament verweigert, antwortete damit in "Kurier" und "Wiener Zeitung" direkt auf Hofers Tadel auf Twitter. Hofer schrieb heute Früh: "Das freie Mandat erlaubt es, sich im Parlament der Hausordnung zu entziehen. Wer das tut, stellt sich aber in einer Selbstüberhöhung über alle Menschen, die sich an Regeln halten müssen. Ich respektiere als Präsident die Hausordnung und erwarte das von allen Abgeordneten." Er bekannte sich auch bei einer Pressekonferenz noch einmal zu seiner Überparteilichkeit als Parlamentspräsident, als solcher werde er daher das Tragen der Maske einmahnen.
"Maske als sinnvoll erwiesen"
Er sei für eine evidenzbasierte Corona-Politik, und die Maske habe sich als sinnvoll erwiesen, daher werde er sie selbst tragen und das Tragen auch innerhalb seiner Partei empfehlen. Dazu gezwungen werden könne im Parlament allerdings niemand. Auch Parlamentarier aus anderen Parteien hätten bisher die Maske während der Sitzungen abgelegt.
Das Meistern der Krise werde nicht davon abhängen, ob Parlamentarier im Parlament Maske tragen, aber er verstehe sehr gut, dass die Kassierin im Supermarkt oder die Pflegekraft im überlasteten Spital es nicht verstehen werde, wenn sich hochbezahlte Mandatare der Maskenpflicht demonstrativ entziehen.
Mittwochnachmittag hatte Hofer diese Aussage noch relativiert. Sein Büro erklärte gegenüber der APA, dass alternativ zur FFP2-Maske auch eine Plexiglas-Trennwand zur Vorderfrau/zum Vordermann ausreiche. Laut 27. Verordnung zur 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung kann an Arbeitsorten alternativ zur Maske das Infektionsrisiko auch "durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen minimiert werden", etwa durch die "Anbringung von Trennwänden oder Plexiglaswänden", hieß es aus dem Büro Hofers. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag betonte er, die baulichen Maßnahmen seien nicht ausreichend, aber es könne ja auch daran noch gearbeitet werden.
"Die Maske zeigt das Lager"
Erstaunlich genug, dass es ein Jahr dauert, bis sich das Parlament zu einer Maskenpflicht findet. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat diese nun in einer neuen Hausordnung verankert. Die allerdings offenbar noch nicht innerhalb des Hauses kundgetan wurde. "Ich kennen sie ja noch gar nicht", erklärte FP-Mandatar Christian Hafenecker im Vorfeld des Ibiza-Untersuchungsausschusses. "Wir werden im Klub darüber reden, auch mit Norbert Hofer: Er soll uns das erklären, warum er jetzt eine andere Position einnimmt als bisher. Dann werden wir damit umgehen."
ÖVP-Mandatar Andreas Hangar wies darauf hin, dass man bei der Sondersitzung des Parlaments am Freitag anhand dessen, wer von der FPÖ Maske tragen, genau sehen werde, wer sich dem Hofer-Lager und wer sich dem Kickl-Lager zugehörig fühle.
"Abstand reicht"
Abseits des Sitzplatzes wollte der Dritte Präsident das Tragen der FFP2-Maske zuvor in die Selbstverantwortung der Abgeordneten legen, dort hätte ihm dann alternativ zur FFP2-Maske doch auch der Zwei-Meter-Abstand gereicht: "Was die übrigen Bereiche des Parlaments sowie die Wege zwischen den Klubräumlichkeiten und dem Plenarsaal anbelangt, so liegt es in der Verantwortung der Mandatarin/des Mandatars, den 2m-Abstand einzuhalten. So dies nicht möglich ist (z.B. in der Cafeteria, etc.), soll eine Maske getragen werden. Dies liegt im Ermessen der/des Abgeordneten", hieß es in der Stellungnahme Hofers.
ÖVP reagiert mit Häme
Die ÖVP reagierte mit Häme. "Der vollzogene, peinliche Rückzieher von Norbert Hofer in der Diskussion rund um eine Maskenpflicht für Nationalratsabgeordnete verdeutlicht, dass Herbert Kickl längst die Macht in der FPÖ übernommen hat. Offenbar führt Kickls Autorität innerhalb der FPÖ mittlerweile schon so weit, dass er dem eigentlichen Parteichef vorschreibt, wie sich dieser öffentlich äußern darf - oder wie eben nicht. Hofers plötzlicher 'Sinneswandel' grenzt an eine öffentliche Demütigung, initiiert von Klubobmann Kickl", erklärt die Vize-Generalsekretärin und Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz in einer Aussendung.
Gegen Lockdowns
Hofer kritisierte bei der Pressekonferenz gleichzeitig die Corona-Politik der Regierung und sprach sich gegen weitere Lockdowns aus. Das von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) versprochene "Licht am Ende des Tunnels ist leider in weiter Ferne". Die Lage in den Spitälern sei sehr ernst, aber weitere Lockdowns seien dennoch zu vermeiden. Der Lockdown sei eine "Sackgasse" und er funktioniere nicht mehr. 70 Prozent der Infektionen passierten im privaten Bereich, so Hofer.
Hofer begrüßte als Alternative zu Lockdowns Maßnahmen wie Hygiene, Masken, Abstand-halten und Impfungen. Er sprach sich aber explizit gegen weitere Schließungen im Handel und der Schulen aus. Man dürfe vor den psychischen Schäden, die bei Kindern und Jugendlichen entstehen, nicht die Augen verschließen.
Gegen Ausreisetests, für Sputnik
Hofer lehnte auch Eintritts- und Ausreisetests ab. Stattdessen solle in Krisenregionen verstärkt geimpft werden wie in Schwaz, so Hofer, der sich für eine Notzulassung des russischen Impfstoffs Sputnik aussprach.
Die Pandemiekosten würden 100 Mrd. Euro ausmachen. "Das wird auch für ein Land wie Österreich schwer zu schultern sein."