Kanzler Sebastian Kurz ließ in einem Interview in der „Welt“ mit der Bemerkung aufhorchen, sollten chinesische oder russische Impfstoffhersteller in Europa zugelassen werden und hier produzieren, würde Österreich „ganz bestimmt versuchen, Produktionskapazitäten bei geeigneten einheimischen Unternehmen zur Verfügung zu stellen.“ Ist das realistisch?
Alexander Herzog, Chef des Dachverbands der Pharmazeutischen Industrie (Pharmig) begrüßt den Vorstoß ausdrücklich, warnt aber vor falschen Hoffnungen. „Die Idee ist sehr gut. Die Umsetzung ist allerdings keine einfache. Noch dazu stellt sich die Frage, ob es überhaupt irgendwo freie Kapazitäten gibt.“ Die immer wieder genannte Impffabrik in Orth an der Donau laufe derzeit „auf Hochtouren“, dort werde allerdings der Zeckenimpfstoff für Europa. Die Impfstoffproduktion sei ein weltweit vernetztes Unterfangen.
„Das ist keine Schraubenfabrik"
Ein neues Werk innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden zu stampfen, sei eine Illusion, die Umrüstung einer bestehenden Fabrik dauere schon mehrere Monate. „Das ist keine Schraubenfabrik, wo an einem Ort alles produziert wird.“ Die Impferzeugung zähle „zu den komplexesten Produktionsprozessen im Pharmabereich.“ Die Herstellung sei „extrem aufwendig“, unterliege „äußerst strengen regulatorischen Bestimmungen“ und erfordere „ein besonderes geschultes Personal, was dazu führt, dass zwei Drittel aller weltweiten Impfstoffe in Europa hergestellt“ werden. Die Sinnhaftigkeit der Errichtung eines neuen Werkes sei auch davon abhängig, ob eine Corona-Impfung reiche oder ob wir uns in Zukunft jedes Jahr impfen lassen müssen. „Das macht einen großen Unterschied.“