Ab heute, Freitag, sind alle Bezirke und Regionen in Österreich auf der Corona-Ampel auf Rot geschaltet. Bei der Donnerstagssitzung der Corona-Kommission wurde entschieden, dass das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus in ganz Österreich sehr hoch ist. Die zuletzt ohnehin nur mehr sehr spärlichen gelben und orangen Flecken sind nun verschwunden.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erläuterte bei einer Pressekonferenz die Hintergründe dieser Entscheidung. Außerdem wird er einen Ausblick auf den weiteren Umgang mit der Pandemie geben.
Aktuell sind es 6.464 Neuinfektionen, etwas weniger als am Tag zuvor (7.400). Der Grund dafür sei, dass am Donnerstag auch etliche Nachmeldungen in die Zahlen eingegangen waren. Die Gesamtzahl sei jedenfalls nach wie vor stark steigend und alarmierend, so Anschober. In 72 Prozent der Fälle sei die Infektionsquelle inzwischen unklar. In der Woche davor lag die Zahl noch bei 50 Prozent.
Insbesondere besorgniserregend sei auch die Gesamtzahl der Todesfälle: "Da haben wir erstmals starke Zuwächse auch in Österreich." Binnen 24 Stunden gab es 72 Corona-Tote in Österreich.
Die Sieben-Tages-Inzidenz habe sich innerhalb einer Woche von 260 auf 405 fast verdoppelt, so Daniela Schmid, Leiterin der Ampel-Kommission.
Anschobers Appell:
- Tragen Sie die Maske und schenken Sie den fake news keinen Glauben, wonach diese nicht wirke.
- Bleiben Sie tatsächlich allein, wenn Sie einen Isolationsbescheid haben.
- Sagen Sie beim Kontaktmanagement die Wahrheit.
Der Minister ist optimistisch, dass es nächste Woche eine "spürbare Stabilisierung" gebe, mit einer wirklichen Senkung der Zahlen sei ja frühestens zehn Tage nach Inkrafttreten der jüngsten Maßnahmen zu rechnen. Ende der kommenden Woche würden diese Maßnahmen evaluiert, und zwar von der Ampel-Kommission. Davon werde auch das weitere Vorgehen in den Schulen abhängen. Gerade die Altersgruppe der bis zu 25-Jährigen werde intensiv beobachtet, um das Infektionsgeschehen beurteilen zu können.
Die Kinder bis zum Alter von 14 Jahren seien nach wie vor geringer betroffen, und Ansteckung finde zunehmend im Familienbereich statt, so Schmid. Schulcluster bei 10 bis 14-Jährigen würden von Erwachsenen in die Schulen hineingetragen.Es stelle sich die Frage, ob eine Schließung von Schulen überhaupt den gewünschten Effekt hätte. Vorerst sind keine Schulschließungen geplant.
Anschober ergänzte, dass auch täglich beobachtet und evaluiert werde. Bei einer alarmierenden Entwicklung würde selbstverständlich früher reagiert werden. Beide betonten, die Maßnahmen seien wichtig, aber noch mehr könne jeder einzelne für die Einbremsung der Entwicklung tun:
- Jeder kann für sich entscheiden, wie hoch das Risiko ist, dass er selbst allenfalls das Virus weitergibt.
- Das Contact Tracing gebe Österreich "sicher nicht auf", auch wenn es ständig anderslautende Meldungen gebe: Aber jeder sei gefordert, dort die Wahrheit zu sagen und alle Kontakte anzugeben.
Plus 64 Prozent bei Intensivbetten
Man habe die Zahl der Intensivbetten, auch die Personalreserve, gut im Blick. Die Auslastung der Intensivbetten sei innerhalb der letzten sieben Tage um 64 Prozent gestiegen. Anschober wiederholte die Befürchtung, dass es Mitte, Ende November zu einem Engpass in den Intensivstationen kommen könnte und die Ärzte dann entscheiden müssten, wer noch behandelt werde und wer nicht. In einzelnen Teilregionen Europas gebe es diese Situation bereits.
Die Alten- und Pflegeheime seien ebenfalls im Fokus - man habe schon sehr viele Antigentests verteilt, da gebe es "Gott sei Dank" keinen Engpass.
Die Ernsthaftigkeit der Situation komme langsam an bei der Bevölkerung, die Beschränkungen würden zunehmend eingehalten. Wichtig sind Anschober insbesondere die Bezirkshauptleute, die - nachdem ganz Österreich nun auf Rot geschaltet sei - praktisch vollzählig bei den Freitags-Besprechungen dabei seien. Diese hätten das Ohr an der Bevölkerung und seien wichtige Multiplikatoren.
Am Donnerstag waren einige Gerüchte über eine weitere Verschärfung der Maßnahmen im Umlauf, etwa im Schulbereich. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) schloss Schulschließungen aber aus.
Claudia Gigler