Mit Punschkrapfen hat Michael Ludwig die Neos vergangenen Montag zu Sondierungsgesprächen begrüßt. Damit hat der rote Bürgermeister der Partei von Christoph Wiederkehr subtil einen Vorgeschmack auf eine mögliche Regierungsbeteiligung gegeben, die er den Pinken mit der Ankündigung von Koalitionsverhandlungen offiziell in Aussicht gestellt hat.
Bevor Ludwig nämlich auf eine inhaltliche Annäherung mit den Neos einging, hat er Dienstagmittag noch einmal verdeutlicht, wie die Kräfteverhältnisse seit der Wahl am 11. Oktober aussehen. “Aufgrund des Wahlergebnisses ist die SPÖ sechsmal so stark wie die Neos. Das wird in die Koalition natürlich einfließen müssen”, richtete Ludwig seinem künftigen Partner aus.
Er will daher Mitte November ein Koalitionsabkommen präsentieren, dass eine “deutliche sozialdemokratische Handschrift” trägt, in dem die Neos auch ihre “Vorstellungen” hineinschreiben dürfen. Einen hauchzarten rosanen Zuckerguss gesteht Ludwig Wiederkehr also zu, die tatsächlichen Inhalte bestimmt aber er.
Dass der Bürgermeister die mögliche Zusammenarbeit mit einem vielsagenden Grinsen als “neuen Weg” verkauft, ist aus seiner Sicht nachvollziehbar. Wie die Neos mit dieser Botschaft in die Verhandlungen gehen, werden die nächsten Tage zeigen. Mit konkreten Forderungen hält sich Wiederkehr am Tag der SPÖ-Zusage zurück. Beim pinken Paradethema Transparenz, über das seit jeher wenig roter Verhandlungsbedarf zu erkennen ist, lässt sich der Neos-Chef keine Minimalbedingung für eine Koalition abringen. Mehr Kontrolle soll es eben geben. Das könnte Ludwig mit den Vorstellungen gemeint haben, die im Koalitionsabkommen stehen dürfen.
Auch bei einem möglichen Stadtratsposten bleibt Wiederkehr defensiv. Ludwig schloss hingegen nicht aus, dem Neos-Chef die Bildungsagenden anzuvertrauen – wohl wissend, dass er mit Heinrich Himmer so oder so weiterhin einen roten Parteifreund auf dem Posten des Bildungsdirektors finden wird.
Vom Scheitern der Koalitionsgespräche zwischen der SPÖ und den Neos gehen weder Ludwig noch Wiederkehr aus, während Grünen-Chefin Birgit Hebein am Dienstag offen damit spekuliert. Die Sondierungen hätten schon gezeigt, dass in vielen Bereichen gute Kompromisse mit der SPÖ möglich seien, so Wiederkehr. Noch bevor die Verhandlungen begonnen haben, scheint auch klar, was der Bürgermeister unter einem Kompromiss versteht.
Andreas Terler