Lange war er nicht im Amt – gerade einmal einen Monat schaffte es Roman Prymula, auf dem „heißen Stuhl“ in Prag durchzuhalten: dem Sessel des Gesundheitsministers. Im Juni war sein Vorgänger gefeuert worden – weil die Infektionszahlen in die Höhe schnellen wie in kaum einem Land Europas. Mitten in der Coronakrise leistete sich nun Prymula einen Fauxpas, den ihm Regierungschef Andrej Babis nicht durchgehen lassen kann. Obwohl die Restaurants in Tschechien auf Anweisung Prymulas geschlossen sind, fotografierte ihn eine Boulevardzeitung, als er gerade ein Restaurant verließ und zu seinem Auto ging – und das auch noch ohne Mund-Nasen-Schutz.

Der Premier forderte den 56-jährigen Epidemiologen zum Rücktritt auf – was dieser einstweilen verweigert. Somit hat Tschechien mitten in der Viruskrise Chaos an der Führungsspitze.

Prymula gilt als ausgewiesener Experte in Virusfragen und war auch für die Weltgesundheitsorganisation tätig. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Entwicklung von Impfstoffen. Der leidenschaftliche Schachspieler leitete eine Universitätsklinik und gehörte dem Management-Team der Europäischen Gesundheitsagentur ECDC an. Er verhängte in Tschechien drastische Corona-Maßnahmen, die einem landesweiten Lockdown gleichkommen.



Prymula sagt, er werde nicht zurücktreten, weil er gegen keine Regeln verstoßen habe. Er habe an einem Gespräch in privaten Räumlichkeiten des Vysehrader Stifts, nicht in einem geschlossenen Restaurant, teilgenommen, argumentierte er. Das Stift verpachtet einen Teil des Gebäudes an ein Restaurant – aber nicht alles. Er habe zudem seine Maske getragen – bis auf den kurzen Moment auf dem Rückweg zu seinem Auto, wo er fotografiert wurde.

Dem Premier bleibt jetzt nur, seinen selbstbewussten Minister zu entlassen. Laut Verfassung muss er die Entlassung dem Staatspräsidenten vorschlagen. Zumindest bis dieser entscheidet, bleibt Prymula oberster Corona-Bekämpfer in Prag.