Zwölf Tage vor der Wahl sind US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden in Nashville (Tennessee) zu ihrem zweiten und letzten TV-Duell zusammengekommen. Zum Auftakt lieferten sie sich einen Schlagabtausch zur Coronakrise. Biden warf dem Amtsinhaber wiederholt vor, für die mehr als 200.000 Coronatoten in den USA verantwortlich zu sein. Trump hielt mit optimistischen Tönen dagegen. "Ich übernehme Verantwortung, aber es ist nicht meine Schuld. Es ist die Schuld Chinas", sagte der Präsident.
Man müsse damit lernen, mit dem Coronavirus "zu leben", sagte Trump, der neuerlich Hoffnungen auf eine baldige Impfung weckte. „Wir haben einen Impfstoff in wenigen Wochen parat“, so Trump. Er wollte das aber nicht garantieren. Es könne auch noch etwas länger dauern, einige Hersteller seien schon sehr weit. Das Coronavirus "geht weg", betonte Trump. In einem Seitenhieb auf seinen Gegenkandidaten sagte er, dass sich nicht jeder "in einem Keller" verstecken könne. "Wir müssen uns öffnen", bekräftigte Trump sein Eintreten gegen Corona-Restriktionen.
Persönliche Corona-Erfahrung
Trump führte eingangs auch seine persönlichen Erfahrungen als Covid-19-Patient an. Er habe dabei "viel gelernt", es gehe ihm besser und er sei "immun". Als Trump erwähnte, dass es 99 Prozent der Coronapatienten wieder gut gehe, verwies Biden auf all jene Familien, die wegen des Coronavirus jetzt "einen leeren Sessel an ihrem Küchentisch stehen" haben. Biden hielt seine Maske in die Höhe und sagte, dass es allein durch eine Maskenpflicht 100.000 Tote hätte weniger geben können. "Wer für so viele Tote verantwortlich ist, sollte nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben", sagte Biden.
Die optimistischen Äußerungen Trumps quittierte Biden mit der Aussage, dass sie "vom gleichen Typen kommen, der euch sagte, dass das zu Ostern vorbei sein wird. Der gleiche Typ, der euch sagte, macht euch keine Sorgen, wir werden das bis Sommer beenden. Wir stehen vor einem dunklen Winter, einem dunklen Winter, und er hat keinen Plan", so Biden. Er äußerte Biden die Befürchtung, dass es bis Jahresende weitere 200.000 Coronatoten im Land geben könnte.
Korruptionsvorwürfe
Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit umstrittenen Auslandsgeschäften seines Sohnes Hunter Biden wies der demokratische Kanidat entschieden zurück. "Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer ausländischen Quelle angenommen." Trump warf Biden vor: "Ich mache kein Geld mit China, Sie schon. Ich mache kein Geld mit der Ukraine, Sie schon." Trump hat in den vergangenen Tagen seine Korruptionsvorwürfe gegen die Biden-Familie verschärft und Justizminister William Barr zu Ermittlungen aufgefordert.
Das Trump-Lager wirft Hunter Biden vor, dieser habe Profit aus dem Amt seines Vaters als Vizepräsident unter Barack Obama schlagen wollen. Trumps Wahlkampfteam beschuldigt Joe Biden, entgegen seiner Aussage von den Auslandsgeschäften seines Sohnes unter anderem mit China und der Ukraine gewusst zu haben. Unmittelbar vor dem letzten TV-Duell hat das Team von Trump versucht, den Druck zu erhöhen. Es präsentierte am Donnerstagabend in Nashville einen Ex-Geschäftspartner Hunter Bidens namens Tony Bobulinski, der schwere Vorwürfe gegen die beiden erhob.
Trumps Steuererklärung
Ex-Vizepräsident Biden verwies darauf, dass er seine Steuererklärungen der vergangenen 22 Jahre offengelegt habe. "Sie haben kein einziges Jahr ihrer Steuererklärungen herausgegeben", sagte Biden zu Trump. "Was haben Sie zu verbergen?" Trump sagte erneut, er wolle seine Steuererklärungen veröffentlichen, sobald eine Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei. "Er sagt das seit vier Jahren", erwiderte Biden. "Zeigen Sie sie uns einfach. Hören Sie auf, Spiele zu spielen." Trump dementierte auch, dass er zu wenig Steuern gezahlt habe. "Ich habe Abermillionen Dollar an Steuern vorab gezahlt."
Warnung an ausländische Mächte
Biden warnte ausländische Regierungen vor einer Einmischung in die US-Wahlen. "Jedes Land, das sich einmischt, wird einen Preis bezahlen, weil es unsere Souveränität verletzt." Biden warf Trump vor, nicht entschieden genug auf Einmischungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu reagieren. "Ich weiß nicht, warum der Präsident das nicht will." Trump erwiderte, er habe doch Panzerabwehrwaffen an die Ukraine geliefert. "Es gibt niemanden, der härter gegen Russland eingestellt ist als Donald Trump."
Trump hat nach eigenen Angaben einen Krieg mit Nordkorea verhindert. Ohne seine Politik des Dialogs wären bei einem Krieg "Millionen Menschen" gestorben, behauptete er. Von der Vorgängerregierung habe er in Sachen Nordkorea eine "Schweinerei" geerbt, sagte Trump. Jetzt hätten beide Länder "ein sehr gutes Verhältnis". Trump traf sich mehrfach mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un, um das Land zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms zu bewegen. Dies ist bislang nicht gelungen.
Vergleich mit Hitler
Biden warf Trump vor, Kim mit seinen Treffen "Legitimation" verliehen zu haben. Durch seine Treffen habe er Nordkorea Zeit verschafft, das eigene Waffenprogramm noch weiter zu entwickeln. Inzwischen habe Nordkorea "viel gefährlichere Raketen, die das US-Festland erreichen können", sagte Biden. Kim sei ein "Gangster", fügte er hinzu, mit dem man sich nicht ohne klare Bedingungen treffen könne.
Biden sorgte allerdings auch mit einem Hitler-Vergleich wegen Trumps Beziehung zu Kim für Aufsehen. Trump war gerade dabei, über sein "gutes Verhältnis" mit dem Autokraten und Regierungschefs anderer Länder zu reden, als Biden entgegnete: "Und wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel." Biden wollte damit klarmachen, dass er Trumps Kurs gegenüber autoritären Herrschern für zu weich und damit für eine Gefahr für den internationalen Frieden hält.
Heftiges Gefecht über Gesundheitssystem
In einem heftigen Wortgefecht haben die beiden Kandidaten dann über die Zukunft der Gesundheitsversorgung gestritten. Trump warf Biden vor, eine "sozialistische Medizin" anzustreben. Er hingegen wolle das von seinem Vorgänger eingeführte und als "Obamacare" bezeichnete System der Krankenversicherung und Pflege abschaffen und "eine wunderschöne neue Gesundheitsversorgung" einführen, die auch die Zustimmung im Kongress finden werde.
"Jeder sollte das Recht auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung haben", sagte Biden. Dabei solle es die Wahl geben zwischen einer Privatversicherung und der Option auf eine öffentliche Versorgung. Das von ihm geplante System einer "Bidencare" solle auch erschwingliche Presse für Arzneimittel ermöglich. Das habe nichts mit Sozialismus zu tun oder den Plänen von anderen demokratischen Politikern wie Bernie Sanders zu tun. Mit Blick auf die Vorwahlen in der eigenen Partei sagte Biden: "Ich habe diese Leute geschlagen, weil ich anderer Meinung als sie war."
Zivilisierterer Ablauf
Infolge der Regeländerungen - das Mikrofon des Kandidaten ohne Rederecht wurde stummgeschaltet - verlief die Debatte ohne Zwischenrufe. Trump und Biden taten ihr Missfallen an den Äußerungen des jeweils anderen aber mit ausgiebigem Kopfschütteln und abwertenden Gesten kund.
Das erste TV-Duell Ende September war vor allem wegen Trumps Unterbrechungen ins Chaos abgeglitten. Trump warf der unabhängigen Kommission, die die Debatten organisiert, vor dem zweiten TV-Duell vor, auf Bidens Seite zu stehen. Kommissionsmitglied Frank Fahrenkopf wies das im Sender Fox News zurück. Der frühere Chefberater von US-Präsident Barack Obama, David Axelrod, sagte hingegen im Sender CNN, dass die Regeländerungen eigentlich im Interesse Trumps seien. Diesem müsse es nämlich ein Anliegen sein, dass Biden aussprechen könne, weil er rhetorisch schwächer sei als der Präsident, sagte Axelrod.
Für gute Fragen bedankt
Moderatorin der letzten Debatte war die NBC-Journalistin Kristen Welker. Die 44-Jährige arbeitet als Korrespondentin im Weißen Haus in Washington. Trump nannte Welker vor der Debatte "total parteiisch" und eine "radikale linke Demokratin". Im Duell selbst bedankte sich Trump bei ihr aber für die guten Fragen. Trump hatte zuvor kritisiert, dass der Schwerpunkt der Debatte in Nashville nicht auf der Außenpolitik liege. Sein Wahlkampfteam hatte der Kommission vorgeworfen, damit einem Wunsch Bidens zu folgen. Ex-Vizepräsident Biden wolle bei der Debatte nicht mit seiner früheren Unterstützung "endloser Kriege" oder mit fragwürdigen Auslandsgeschäften seines Sohnes Hunter Biden konfrontiert werden, sagte Trump-Wahlkampfberater Jason Miller.