In ihrer Volksinitiative "Für eine maßvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)" forderte die SVP den Ausstieg aus einen 1999 geschlossenes Abkommen mit Brüssel, wonach EU-Bürger auch in der Schweiz frei leben und arbeiten dürfen. Bei einem Ja der Schweizer zu der Vorlage hätte die Regierung in Bern eine einjährige Frist für Verhandlungen mit Brüssel gehabt - ohne eine Einigung innerhalb dieser Frist hätte sie das Abkommen binnen 30 Tagen kündigen müssen.
Besonders die Grenzregionen der Schweiz sind stark auf Arbeitskräfte aus den Nachbarländern angewiesen. Ein Ende des Abkommens hätte zudem die Freizügigkeit der Schweizer innerhalb der EU beendet und den direkten Zugang der Schweizer Wirtschaft zum europäischen Binnenmarkt gefährdet. Eine sogenannte Guillotine-Klausel wäre in Kraft getreten, mit der ein ganzes Bündel an Abkommen zwischen Brüssel und Bern außer Kraft gesetzt worden wären.
Deshalb hatte sich in der Schweiz eine breite Ablehnungsfront gegen die SVP-Initiative gebildet, zu der neben Regierung, Parlament und allen anderen Parteien auch Gewerkschaften und der Arbeitgeberverband zählten. Mit rund 59 Prozent war die Beteiligung an der Volksabstimmung vergleichsweise hoch.
Die Schweizer hätten gezeigt, dass sie die engen Beziehungen mit der EU schätzen, erklärte von der Leyen. "Wir wollen unsere Beziehungen weiter festigen und vertiefen." Sie hoffe, dass der Schweizerische Bundesrat nun bei der Unterzeichnung und Ratifizierung eines bereits seit 2018 fertig ausgehandelten Abkommens mit der EU "zügig vorankommen kann".
Brüssel pocht seit Jahren auf ein institutionelles Rahmenabkommen zur Vereinfachung der bilateralen Beziehungen mit Bern. Der Widerstand dagegen kommt in der Schweiz allerdings nicht nur von der SVP.
Vaterschaftsurlaub angenommen
In einer weiteren Abstimmung am Sonntag stimmten nach offiziellen Angaben 60,3 Prozent für die erstmalige Einführung eines bezahlten zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs in der Schweiz. Die Regeln in dem Bereich sind bisher im europäischen Vergleich sehr arbeitgeberfreundlich. Seit 2005 haben berufstätige Mütter nach der Geburt eines Kindes Anrecht auf 14 Wochen bezahlten Urlaub. Angestellten Vätern stehen bisher ein oder zwei Tage zu. Selbständige hatten bisher keinerlei Anrecht. Die Väter sollen in der Zeit 80 Prozent ihres Lohns erhalten.
Jagdgesetz abgelehnt
Das neue Jagdgesetz, das den Abschuss von Wölfen erleichtern sollte, wurde schließlich mit 51,9 Prozent abgelehnt. Die Tiere waren einst in der Schweiz ausgerottet, sind dort inzwischen aber wieder heimisch. Heute gibt es nach Schätzungen etwa 80 bis 100 Tiere. In den vergangenen zehn Jahren wurden nach Behördenangaben jedes Jahr zwischen 300 und 500 Schafe und Ziegen gerissen. Mit der Änderung sollten Wölfe zwar geschützt bleiben, aber unter bestimmten Voraussetzungen geschossen werden, bevor sie Schäden anrichten.
Für neue Kampfjets
Der Wunsch der Regierung, für bis zu sechs Milliarden Franken (rund 5,5 Milliarden Euro) neue Kampfjets zu kaufen, wurde ganz knapp angenommen. Ausschlaggebend waren weniger als 9000 Stimmen. Rund 30 Schweizer F/A müssen bis 2030 ausgewechselt werden. Im Rennen um den Auftrag sind Airbus mit dem Eurofighter, das französische Unternehmen Dassault mit dem Typ Rafale und die Amerikaner: Boeing mit seinem F/A-18 Super Hornet und Lockheed-Martin mit dem F-35.
Etwa 5,4 Millionen Schweizer sind stimmberechtigt. Während die Wahlbeteiligung bei Volksabstimmungen meist unter 50 Prozent liegt, betrug sie dieses Mal rund 58 Prozent.