Der Erleichterung folgte die Ernüchterung: Vor dem Wochenende hatte Slowenien bekannt gegeben, die Einreisebeschränkungen für die Nachbarländer fallen zu lassen – doch am Montag nahm man das überraschend wieder zurück.
Österreich hatte den Schritt nicht mitgemacht; die slowenische Regierung begründet ihre Entscheidung auch mit der fehlenden Reziprozität. „Wir wünschen uns Gegenseitigkeit. Wir wollen keinesfalls, dass eines unserer Nachbarländer mit politischen Einschränkungen Slowenien diskriminiert und Reisenden aus größeren Ländern die Einreise ermöglicht, aus einem südlichen Nachbarland aber nicht“, sagte der Regierungssprecher für die Bekämpfung des Coronavirus, Jelko Kacin. Wie es aus EU-Kreisen dazu heißt, dürfte darüber hinaus auch eine Rolle gespielt haben, dass in Slowenien selbst der Unmut aus dem gleichen Grund gewachsen war, aus dem Österreich bei seiner Haltung blieb: es sei auch die Grenze zu Italien aufgemacht worden, was manchen angesichts der aktuellen Zahlen dort zu riskant erscheint. Ähnliches Einreise-Ping-Pong ist derzeit auch etwa zwischen Großbritannien und Frankreich zu beobachten: Quarantänebestimmungen in einem Land werden umgehend auch für den Nachbarn eingeführt.
Außenminister Alexander Schallenberg diskutierte das am Montag in einer Videokonferenz mit Amtskollegen. Eingeladen hatte Heiko Maas (Deutschland), es nahmen unter anderem Urlaubsländer wie Portugal, Italien, Spanien oder Griechenland teil. Es sei allen bewusst, dass der Bevölkerung das Thema Reisefreiheit im Hinblick auf die bevorstehende Urlaubssaison sehr wichtig sei, so Schallenberg: „Wir stehen mit unseren europäischen Partnern in regelmäßigem Kontakt, um die Situation zu evaluieren. Klar ist aber, dass wir weiterhin sehr vorsichtig sein müssen um die positiven Entwicklungen, die wir uns in den letzten Wochen hart erarbeitet haben, nicht zu gefährden.“
Das Hauptaugenmerk liege vorerst auf Nachbarländern, die mit Zug und Auto gut zu erreichen sind und aus denen im Bedarfsfall eine selbstständige und unkomplizierte Rückreise möglich ist. Die epidemiologische Lage in den Ländern werde auch im Bezug auf die Reiseinformationen des Außenministeriums ständig beobachtet. So konnte die Schweiz in einem ersten Schritt bereits am Freitag von einer Reisewarnung (Stufe 6) auf Sicherheitsstufe 4 heruntergestuft werden. Erste Lockerungen gibt es seit dem Wochenende an den Grenzen zu Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Tschechien (dort könnten die Grenzen schon Ende dieser Woche aufgehen), Slowakei und Ungarn. Dieses Vorgehen, so heißt es im Außenministerium, entspreche den Empfehlungen der EU-Kommission für einen schrittweisen Prozess.
Das größte Problem ist nach wie vor, dass die Länder nicht über exakt vergleichbares Datenmaterial verfügen und sich die epidemiologische Lage weniger auf Landesgrenzen, als vielmehr auf Regionen maßgeblich bezieht. Die vorliegenden Zahlen zeichnen häufig nur ein verwaschenes Bild; so gilt nach wie vor Belgien mit gestern 9080 Covid-19-Todesopfern als Land mit einer der höchsten Todesraten weltweit. Forscher der Freien Universität Brüssel (VUB) bestätigten für April eine Übersterblichkeit von 6000 Menschen – womit das Land mit seiner Zählweise jedoch „näher an der Realität liegt als andere Länder“.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Angleichung der Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie innerhalb der Europäischen Union angemahnt, um den freien Reiseverkehr wieder zu ermöglichen. Sie regte am Montag nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron an, sich dabei an der deutschen Obergrenze für Neuinfektionen zu orientieren.
Danach sollen aufgehobene Lockerungen rückgängig gemacht werden, wenn die Grenze von 50 Neuerkrankungen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner überschritten wird. "So muss es auch in anderen Ländern sein, dann kann man sich gut aufeinander verlassen", betonte Merkel. "Wir müssen den Mut haben – das wird jetzt das Wichtige sein - nicht einfach auf Teufel komm raus alle Regionen gleichermaßen zu behandeln"
Kroatien hat bereits gelockerte Bestimmungen, Italien will mit 3. Juni die Grenzen öffnen und auch die Reisefreiheit innerhalb des Landes wieder normalisieren.