Nun wird die leidige Frage der Familienbeihilfen-Indexierung ganz oben - und damit wohl endgültig - entschieden. Die EU-Kommission befasst damit den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Der Klagsbeschluss erging am Donnerstagvormittag. Laut Kommission widerspricht die Indexierung den EU-Vorschriften über die Arbeitnehmerfreizügigkeit. "Der Mechanismus verstößt gegen die geltenden Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherheit und ist diskriminierend, da einige mobile EU-Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Österreich in vollem Umfang zu Wirtschaft, Erwerbstätigkeit und Sozialversicherung beitragen, niedrigere Leistungen erhalten als solche, deren Kinder in Österreich leben. Die Indexierung gilt indes nicht für österreichische Staatsangehörige, die im Ausland für eine österreichische Behörde arbeiten und deren Kinder mit ihnen dort leben - obwohl ihre Situation vergleichbar ist", heißt es in der Presseaussendung der EU-Kommission.
Lesen Sie hier den Kommentar dazuvon unserem Korrespondenten Andreas Lieb aus Brüssel.
Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr ein mehrstufiges Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Österreich beharrte jedoch auf der umstrittenen Anpassung der Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten der im EU-Ausland lebenden Kinder. Der EuGH ist bereits damit befasst, da das heimische Bundesfinanzgericht den Fall vorgelegt hat.
Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober betonte bei einer Pressekonferenz, dazu befragt, dass er es begrüße, wenn es - hoffentlich möglichst rasch - zu einer Entscheidung kommt.
Die Grünen hatten sich immer gegen die unterschiedliche Höhe der Familienbeihilfe für inländische und ausländische Arbeitnehmer ausgesprochen. Anschober bei der Pressekonferenz: "Wir merken ja jetzt, wie wichtig die 24-Stunden-Betreuerinnen als Teil unseres Systems sind. Sonst würden ja auch nicht ganze Züge für sie neu organisiert."
Und seine persönliche Meinung zu dieser Frage? "Aus meiner persönlichen Position habe ich nie ein Geheimnis gemacht. Ich glaube, dass man mit den Betroffenen sehr fair umgehen muss."
"Frage der Gerechtigkeit"
Für Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ist die Indexierung hingegen eine "Frage der Gerechtigkeit". "Es steht der EU-Kommission frei, den EuGH zu befassen, wenn diese Zweifel an der europarechtlichen Vereinbarkeit der Indexierung hat", teilte Aschbacher in einer ersten Reaktion mit. Nun liege es am EuGH darüber zu befinden. "Für uns bleibt es aufgrund der unterschiedlichen Lebenserhaltungskosten in der EU weiterhin eine Frage der Gerechtigkeit", erklärte die Ministerin. Laufende Verfahren würden jedoch nicht weiter kommentiert.
Die SPÖ-Europaabgeordneten Andreas Schieder und Evelyn Regner sehen in der heutigen Entscheidung der EU-Kommission hingegen "ein wichtiges Signal für mehr Gerechtigkeit". SPÖ-Obfrau Pamela-Rendi-Wagner sagte am Rande einer Pressekonferenz: "Wir haben immer gesagt, es muss auf jeden Fall EU-konform sein. Das ist es offenbar nicht."
Zweiter Korridorzug
Mit dem zweiten Korridorzug aus Rumänien sind am Donnerstag 103 weitere 24-Stunden-Betreuerinnen in Österreich angekommen. Das bestätigte der Fachverband der Personenbetreuung der Wirtschaftskammer der APA. Die Pflegekräfte werden in einem Hotel am Flughafen Wien-Schwechat auf das Coronavirus getestet. Bei einem negativen Test können sie ihre Tätigkeit bei den Familien aufnehmen.
Der erste Korridorzug mit rund 80 Pflegerinnen und Pflegern war am Montag angekommen. Alle Insassen waren Covid-negativ. Am Dienstag fuhren 45 Pflegekräfte von Österreich nach Rumänien zurück. 92 Personen folgen am Freitag. Die Rumäninnen müssen bei ihrer Einreise in die Heimat 14 Tage in Quarantäne. Viele rumänischen Pflegerinnen hatten ihren Turnus in Österreich um Wochen verlängert.
Eine weitere Verbindung am 17. und 20. Mai steht bereits zur Buchung offen. Zudem besteht die Option auf Verbindungen am 24. und 27. Mai. In jedem Zug gibt es 300 buchbare Plätze für Vermittlungsagenturen und 50 Plätze für Privatpersonen. Nur Personenbetreuerinnen mit aufrechter Gewerbeberechtigung dürfen mitfahren. Die Kosten für den Transport inklusive einer Übernachtung im Hotel und Coronatest betragen 279 Euro.
Rund 33.000 Personen sind in Österreich auf die 24-Stunden-Pflege angewiesen. Rund 60.000 Pflegekräfte betreuen diese Menschen, etwa die Hälfte davon kommt aus Rumänien.