Nachdem im Jahr 2018 erstmals weniger als 500.000 Anzeigen verzeichnet worden waren, ist die Zahl im Vorjahr wieder um 3,4 Prozent auf 488.912 Straftaten gestiegen. Dies sei "zum allergrößten Teil zurückzuführen auf Cybercrime", betonte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Lang, am Freitag bei der Präsentation der Kriminalstatistik 2019. Hier gab es ein Plus von 45 Prozent.
"Österreich zählt zu den sichersten Ländern der Welt", hob Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei der Pressekonferenz hervor. Trotz des Zuwachses bei den Anzeigen, sei in der Kriminalstatistik "langfristig sehr viel abgebaut" worden, erläuterte Lang, der auch Direktor des Bundeskriminalamts (BK) ist. Im Jahr 2012 waren noch knapp 548.000 Anzeigen verzeichnet worden. Zudem sei im Vorjahr die Aufklärungsquote "trotz Cybercrime, das die Polizei vor enorme Herausforderungen stellt", bei 52,5 Prozent gehalten worden, sagte er.
Die gemeldeten Cybercrime-Fälle stiegen im Jahresvergleich von 19.627 auf 28.439 Straftaten oder rund 78 Anzeigen pro Tag. Die Aufklärungsquote sank hierbei leicht auf knapp 36 Prozent. "Das Internet wird zunehmend für die allermeisten Kriminalitätsformen genutzt", berichtete Lang. Zur Bekämpfung seien "in den nächsten Monaten enorme Aufbaustufen beauftragt" worden. Das Cyber Crime Competence Center (C4) des BK soll von derzeit 60 Experten um 60 weitere Ermittler aufgestockt werden, sagte Nehammer.
Die Anzeige wegen "Cybercrime im engeren Sinn" stiegen sogar um 148 Prozent auf 7.622 Fälle. Hierbei handelt es sich vor allem um Datenverarbeitungsmissbrauch oder das Hacken von Computersystemen. Beim Internetbetrug - wo etwa unter falschen Identitäten online bestellt, gelieferte Ware nicht bezahlt oder bezahlte Ware nicht geliefert wird - gab es einen Zuwachs um 26 Prozent auf 16.831 Fälle. Auch bei der Wirtschaftskriminalität setzte sich der negative Trend der vergangenen Kriminalstatistiken deutlich fort. Die darunter fallenden Deliktformen stiegen um 25 Prozent auf 71.112 Anzeigen, das sind knapp 195 pro Tag.
Zwei Morde sind noch ungeklärt
Bei der Gewaltkriminalität gab es ein Plus um 5,3 Prozent auf 73.079 angezeigte Fälle. Das waren 200 Anzeigen pro Tag und die zweithöchste Zahl in den vergangenen zehn Jahren, die Aufklärungsquote stieg dabei allerdings auch leicht auf 85 Prozent. Morde wurden im Vorjahr 65 verzeichnet, das waren um fünf mehr als im Jahr 2018. In den Jahren 2014 und 2015 hatte es jeweils weniger als 40 Tötungsdelikte gegeben. Zwei Morde aus dem Vorjahr sind noch ungeklärt.
58 Prozent der Getöteten waren Frauen, berichtete Lang. Nach größeren Steigerung bei den Zahlen von weiblichen Mordopfern zu Beginn des Jahres 2019 habe sich diese Entwicklung "enorm abgeflacht", betonte Lang auf APA-Nachfrage. Hier habe eine eingesetzte Task Force zu Maßnahmen geführt. Einerseits gebe es in diesen Fällen zu etwa 48 bis 50 Prozent eine "Tätergruppe nicht österreichischer Herkunft", erläuterte er, zudem ein "Zusammenspiel von mehreren Faktoren". Meistens beginne es mit dem Trennungswunsch der Frau. Dann käme beim Mann eine Gewalthistorie, Alkohol oder der kulturelle Faktor hinzu. Außerdem sei es in bestimmten Ländern so, dass Kinder bei Scheidungen dem Mann zugesprochen werden, was bei einer gegenteiligen Entscheidung in Österreich ein zusätzlicher Faktor sein könne. 948 Vergewaltigungen wurden im Vorjahr angezeigt, ein Plus von 1,3 Prozent gegenüber 2018.
Lang berichtete von einem leichten Anstieg der Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum. Hier gehe es auch um "Gruppen, die ein gewisses Territorialverhalten haben", sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Diese Konflikte entstehen oft bei U-Bahn-Stationen und öffentlichen Plätzen. Außerdem gab es eine deutliche Steigerung bei der Verwendung von Stichwaffen bei Gewalttaten, der Einsatz von Hieb- und Schusswaffen sank dagegen leicht. Auch in Bezug auf die Steigerung der Mordfälle betonte Lang, bei Auseinandersetzungen unter dem Einfluss von Alkohol habe "man früher geprügelt und heute wird zugestochen".
Die Wohnraumeinbrüche gingen auf 8.835 angezeigte Fälle (rund 22 pro Tag) zurück. Das ist ein Tiefstwert der vergangenen Jahre und mit knapp zehn Prozent weniger als 2018 eine "entscheidende" Senkung von Eindringen in den "persönlichen Raum" und "durchwühlten Schlafzimmern", freute sich Lang. Auch die Kfz-Diebstähle sanken kontinuierlich weiter auf 2.194 Anzeigen oder nur sechs pro Tag. Vor zehn Jahren waren es noch rund doppelt so viele gewesen.
Insgesamt waren 42,5 Prozent der ausgeforschten Tatverdächtigen nicht-österreichische Staatsbürger. Seit den Jahren 2016/17 sei mit einem Abbau der Asylverfahren die Kriminalität von Asylwerbern zurückgegangen, aber gleichzeitig von Fremden ohne Beschäftigung gestiegen, erläuterte Lang. Rund 13.000 Verdächtige im Vorjahr waren Rumänen, gefolgt von Deutschen und Serben, mit je mehr als 11.000 ermittelten Personen.
Im Jahr 2019 wurden 242 Schlepper aufgegriffen, nach 223 im Jahr davor, aber noch 1.108 im Jahr 2015. Hier ortete Lang bei den Tätern eine "sehr schnelle Reaktionsfähigkeit auf die Märkte" und inzwischen auch Schleppungen von Flüchtlingen "um die gleichen Kosten wieder zurück in die Herkunftsländer". Nehammer erklärte das Thema illegale Migration neben der Bekämpfung von Cybercrime zu einem der zentralen Schwerpunkte des Innenministeriums. Außerdem sei es ein drittes großes Ziel, Gewalt intensiv zu bekämpfen. "Gewalt hat nie einen Platz", so der Minister.
Nehammer bedankte sich bei Lang, der vor seiner anstehenden Pensionierung zum letzten Mal die Präsentation der jährlichen Kriminalstatistik übernehmen durfte. Gesucht werden damit sowohl ein Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit wie auch ein neuer BK-Direktor. Lang habe etwa im Jahr 2000 bei der Seilbahnkatastrophe von Kaprun als Leiter der Kriminalabteilung der Salzburger Gendarmerie "Übersicht bewahrt", aber mit der sicherheitstechnischen Betreuung der Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz auch "viele schöne Momente" in der Karriere gehabt, betonte Nehammer. Er wolle nach 42 Jahren bei der Polizei "keinen Tag missen", bedankte sich Lang.