ÖGB-Chef Wolfgang Katzian warnt davor, in Zeiten der Krise "demokratische Errungenschaften" aus der Vergangenheit über Bord zu werden. Im Ö1-"Journal zu Gast" erklärte er, die Gewerkschaft werde nun darauf achten, dass die aktuellen Einschränkungen "ein Ablaufdatum haben". Vor allem das Versammlungs- und Demonstrationsrecht sei hart erkämpft worden. Es sei nun Aufgabe der Gewerkschaft, sicherzustellen, "dass hier kein demokratiepolitischer Kollateralschaden" bleibt.

Von der aktuellen Regierung fühle sich die Gewerkschaft aber deutlich ernster genommen als von Türkis-Blau, diese habe "eine neue Qualität" im Dialog gebracht. In der Vorgängerregierung seien die Sozialpartner "nicht erwünscht" gewesen. Beim Thema Kurzarbeit habe die Zusammenarbeit besonders gut funktioniert. "Und das war einfach wichtig."

Gespräch zu Klimaschutz

Der ÖGB unterstütze zudem den grünen Ansatz, nun vermehrt in den Bereich Klimaschutz zu investieren. In den kommenden Tagen solle es dazu "ein gemeinsames Gespräch" geben. "Wann, wenn nicht jetzt, könnte man das tun?" Vor allem der Ausbau des öffentlichen Verkehrs sei hier zentral.

Angesprochen auf den "Wettstreit" zwischen ÖGB- und FPÖ-"Tausender" für alle Österreicher erklärte Katzian: "Wenn etwas gut ist und das Nachahmer findet - geschenkt." Auch bei der SPÖ-Forderung nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes sei man aktuell in Verhandlung mit der Regierung. Das viel diskutierte "bedingungslose Grundeinkommen" für die Zeit nach der Krise anzudenken sei für den ÖGB-Chef grundsätzlich denkbar, ohne entsprechende Details wolle er ein solches jedoch nicht fordern. "Wir werden uns an der Diskussion beteiligen, aber im Moment haben wir andere Sorgen."

Rückschritte beim Frauenbild

Beim Thema Home Office solle sich hingegen einiges bewegen, hieraus müsse man Lehren ziehen und nachdenken, wie man diese Form der Arbeit optimieren könne. Vor allem, was die Rolle der Frauen betreffe, die sich neben der Arbeit auch noch um den Unterricht der Kinder und den Haushalt kümmern müssen. "Es kann ja nicht sein, dass wir uns in der Geschlechtergerechtigkeit um 100 Jahre zurückhauen lassen." Es brauche hier eine Erarbeitung neuer Regeln. "Und die werden wir sicher nicht jenen überlassen, die hier einen neuen Biedermeier schaffen wollen." Generelles Ziel bleibe weiter, die Arbeitszeit zu verkürzen - Stichwort Vier-Tage-Woche.

Sollte es zur befürchteten "zweiten Welle" kommen, kann sich Katzian keinen zweiten Lockdown vorstellen: "Ich glaube, das hält die Gesellschaft nicht aus".