Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat den nach Bekanntwerden eines Protokolls vom März gegen die Regierung erhobenen Vorwurf der Angstmache zurückgewiesen. Die Diskussion darüber, dass private Treffen durch die aktuellen Ausgangsbeschränkungen nicht verboten sind, findet Anschober "ein bisschen bizarr". Denn man habe schon vor Ostern betont, private Wohnungen nicht zu kontrollieren.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ergänzte diesbezüglich, dass die ab Mitte März von der Polizei durchgeführten Amtshandlungen zur Auflösung sogenannter "Corona-Partys" nicht wegen der Ausgangsbeschränkungen durchgeführt wurden, sondern wegen anderer Vorwürfe: "Grundlage war immer das Thema Lärmbelästigungen." Und: "Wir haben nie den Anspruch gehabt, schon gar nicht als Polizistinnen und Polizisten, Wohnungen zu betreten und Nachschau zu halten, ob sich da Menschen versammeln."
Formal kein Verbot
Anschober verwies diesbezüglich auch auf die Diskussion um den "Ostererlass". Dieser hätte eine Obergrenze für private Familienfeiern fixieren sollen, wurde aber nach öffentlichen Protesten wieder zurückgezogen. "Du kannst im privaten Bereich weder kontrollieren noch sinnvollerweise dadurch Verankerung realisieren", rekapitulierte Anschober am Dienstag die damalige Debatte.
Daher sei es "formalrechtlich richtig, dass es kein Verbot von Besuchen von Verwandten gegeben hat, weil wir das mit dem Ostererlass nicht verwirklicht haben", betonte Anschober. Gleichzeitig bekräftigte er einmal mehr die (von Juristen angesichts des Wortlauts der Verordnung freilich bezweifelte) Rechtsansicht der Regierung, dass ein Besuch in einer privaten Wohnung eigentlich gar nicht möglich sein dürfte, weil die noch bis Ende April geltenden Ausgangsbeschränkungen keine diesbezügliche Ausnahme vorsehen.
Zurückgewiesen wurde von Anschober auch der Vorwurf, bewusst die Angst vor der Ansteckung geschürt zu haben. Die Opposition hatte diesen Vorwurf erhoben, weil im Protokoll einer Sitzung von Regierung und Experten vom 12. März von einem Spiel mit der Angst die Rede war. "Es war eine Analyse, wo es nicht um Angstmache gegangen ist, sondern wo es darum gegangen ist, sichtbar zu machen, wie die Entwicklung in mehreren Nachbarstaaten bereits ist und was das bei uns bedeuten könnte, wenn wir nicht handeln", betonte Anschober.
Falsch kommuniziert
Verfassungsjurist Heinz Mayer kritisiert, dass mehrfach von der Regierung Verbote impliziert worden seien, die in den Corona-Verordnungen gar nicht vorgesehen waren. "Es ist leider vorgekommen, dass Politiker Inhalte kommuniziert haben, die in den Verordnungen nicht festgemacht sind. Das hat die Exekutive vor große Probleme gestellt", sagt Mayer im Ö1 Mittagsjournal-Interview.
Er nannte als Beispiel den Umstand, dass die Bevölkerung dazu aufgerufen wurde, keine langen Radtouren sondern nur kurze Spaziergänge zu machen. In den Verordnungen sei davon keine Rede gewesen. Mayer: "Das hat die Exekutive natürlich vor große Probleme gestellt."
Warum die Regierung nicht auch Gesetze für das Verhalten in privaten Wohnungen erlassen hat, versteht Mayer nicht. Grundsätzlich sei es laut Europäischer Menschenrechtskonvention möglich; das wäre aber natürlich ein massiver Grundrechtseingriff gewesen, so Mayer.