„Es ist was faul in dieser Krisenbekämpfung der Bundesregierung“, sagt der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried. Heute ist ein Protokoll des Krisenstabs bekanntgeworden, wonach Kanzler Sebastian Kurz darauf gedrängt hat, den Menschen Angst zu machen. Dazu Leichtfried am Montag in einer Pressekonferenz: „So geht man mit Menschen nicht um. So etwas tut man nicht.“

Auch die Neos übten Kritik an Kurz. „Ein Bundeskanzler soll nicht Angst verbreiten, sondern sachlich und transparent informieren“, sagt NEOS-Generalsekretär Nick Donig. „Besonnenes Krisenmanagement führt mit ruhiger Hand durch schwierige Zeiten und schürt keine Angst.“

Die kolportieren Aussagen würden erklären, so Donig, warum Kurz und seine ÖVP-Minister während der Krise zunehmend auf „Kriegsrhetorik“ gesetzt hätten. Auch die Verbreitung des ominösen „Expertenpapiers“, das 100.000 Corona-Tote und ein Zusammenbrechen des Gesundheitssystems für Mitte April für realistisch gehalten hat und einige Tage auf der Webseite des Bundeskanzleramtes zu finden war, passe zur kolportierten Angststrategie.

Für FPÖ-Klubobman Herbert Kickl ziehe sich diese "Angstmache" durch die Kommunikation von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "wie ein roter Faden". Sie sei "die Software der 'neuen Normalität' der neuen Volkspartei". Die "Schreckensbilder" von "100.000 Toten" bzw. "Jeder wird bald jemanden kennen, der an Corona verstorben ist" seien noch "gut in Erinnerung". Diese sollten wohl "die Basis für die massiven Grundrechtseingriffe legen, die die Regierung gesetzt und noch weitergehend - Stichwort App-Pflicht" - geplant habe, so Kickl. Bei dem Protokoll handle es sich "wohl nur um die Spitze des Eisbergs", mutmaßte er und sprach von einem "Skandal der Sonderklasse".

Kritik am Epidemiegesetz

Leichtfried bekräftigte bei seiner Pressekonferenz außerdem die Kritik der SPÖ an der geplanten Änderung des Epidemiegesetzes. ÖVP und Grünen wirft er vor, Menschen willkürlich von Veranstaltungen und Versammlungen auszuschließen; das sei klar verfassungswidrig. Die SPÖ verlangt eine Rückverweisung des Gesetzes an den Ausschuss und eine Begutachtung.

So, wie die Regierungsparteien den § 15 in der Novelle formuliert haben, sei es „klar verfassungswidrig und gefährdet den Rechtsstaat“, sagt Leichtfried. Damit könnten z.B. die zuständigen Behörden, also etwa die BHs, alle älteren Menschen von Veranstaltungen ausschließen; weiters sei es denkbar, dass mit dem türkis-grünen Gesetz dann Betriebsräte von Betriebsversammlungen ausgeschlossen werden. „Das sind schwerwiegende Eingriffe in die Versammlungsfreiheit“, so Leichtfried.

Die SPÖ will verhindern, dass die Novelle morgen im Nationalratsplenum beschlossen wird, und daher die Rückverweisung an den Ausschuss verlangen und eine Ausschussbegutachtung. „Es reicht jetzt mit Schnellschüssen“, so Leichtfried.

Zu den Schnellschüssen rechnet Leichtfried auch das Durcheinander, das die Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und die Kanzleramtsminister Karoline Edtstadler (beide ÖVP) angerichtet haben. Köstinger will schon die Touristenorte in Tirol für deutsche Urlauber öffnen und Edtstadler organisiert Sonderzüge mit Pflegerinnen aus Rumänien, ohne mit der rumänischen Regierung darüber zu reden.

Leichtfried zeigt sich besorgt, dass die Regierung ihr Wort nicht hält. Anfang April hat die SPÖ die Regierungsparteien bei einem umfangreichen Covid-19-Gesetzespaket unterstützt, im Gegenzug haben ÖVP und Grüne der SPÖ per gemeinsamen Entschließungsantrag zugesagt, dass niemand während der Krise in die Notstandshilfe abrutschen wird, dass das AMS 500 zusätzliche MitarbeiterInnen bekommt, und dass es bis wenigstens Jahresende eine Stundung von Zahlungen an Versicherungen, Banken und für Energie und Mieten geben wird.