Das Regieren sei derzeit nicht einfach, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober heute im Ö1-Morgenjournal. In Bezug auf Tests sei auf dem Weltmarkt immer noch eine Mangelsituation gegeben, der Druck sei groß. Was die Risikoangruppen angeht, die besser geschützt werden sollen, diese würden derzeit von den Krankenkassen ausfinding gemacht. Identifiziert werden sollen mögliche Betroffene aufgrund der Medikamentierung. Die Entscheidung treffe dann ein Arzt. Zur Situation in Tirol, wo erst sehr spät auf die Ausbreitung des Coronavirus reagiert wurde, plädierte der Gesundheitsminister für genaue Aufklärung nach Bewältigung der Krise.
Abgrenzung
Die Beratungen der Experten darüber, welche Österreicherinnen und Österreicher zu den besonders gefährdeten Risikogruppen zählen und daher besonders zu schützen sind, dauern noch an. Anschober (Grüne) zur Kleinen Zeitung: „Wir machen das Thema der Risikogruppe mit schweren Vorerkrankungen zu einem zentralen Schwerpunkt. Es wird bis zum Wochenende vorbereitet, weil es um die Abgrenzung der Gruppe und ihre Zusammensetzung geht."
Das lässt darauf schließen, dass dieser Aspekt jedenfalls noch nicht Teil des dritten Corona-Gesetzes ist, das am Freitag vom Parlament beschlossen wird.
Ab kommender Woche werden die Betroffenen mit konkreten Handlungsempfehlungen direkt kontaktiert. "Der besonders gefährdete Teil von ihnen mit besonderen gravierenden Verschlechterungen der Immunabwehr wird anschließend entweder auf Arbeit im Homeoffice oder direkte Freistellung verwiesen."
Aber schon jetzt gelte der besonders vehemente Appell an diese Gruppe: Zu Hause bleiben und die Schutzmaßnahmen besonders konsequent umsetzen.
Homeoffice oder Freistellung
Tausende Österreicherinnen und Österreicher sind bereits im Homeoffice, ihre Arbeitsplätze sind verwaist. Doch es gibt eine Gruppe von Risikopatienten, die in Summe gesehen gar nicht so klein ist und von denen ein Teil weiter täglich an seinem Arbeitsplatz erscheinen sollte, weil die Tätigkeit schlicht nicht von zu Hause aus zu erledigen ist.
Diese Risikogruppen sollen künftig besser geschützt werden. Sie müssen künftig ebenfalls ins Homeoffice geschickt werden oder aber, wenn dies nicht möglich ist, vom Arbeitgeber verpflichtend freigestellt werden.
Den Arbeitgebern sollen in diesen Fällen die Lohnkosten abgegolten werden. An den Details der neuen Regelung feilen die Experten im Gesundheitsministerium noch.
Genau für diese Details interessieren sich jetzt aber brennend die Betroffenen. Und jene vielen Unternehmer, die gerade dabei sind, ihre Betriebe für die Zeit der Krise neu aufzustellen.
Gehöre ich zur Risikogruppe für einen schweren Verlauf von Covid-19? Eindeutige Antworten darauf sind schwierig, da die Erkrankung ebenso neu ist wie ihr Erreger und sich das Bild ständig verändert.
Das Alter
Als ein wichtiger Risikofaktor gilt das Alter: Laut dem Sozialministerium gilt man ab einem Lebensalter von 65 Jahren als besonders gefährdet. Erklären lässt sich das damit, dass mit dem Alter nicht nur unsere Organe an „Fitness“ verlieren, sondern auch die Immunabwehr im Alter schlechter funktioniert.
Herz, Lunge und Blutdruck
Weiters gehören Menschen mit Vorerkrankungen zu jener Gruppe, die es besonders zu schützen gilt – und zwar unabhängig von ihrem Alter. Diese Gruppe schließt Menschen mit Herzkreislauferkrankungen und Bluthochdruck ebenso ein wie jene mit chronischen Lungenerkrankungen (Asthma, COPD): Sind diese lebenswichtigen Organsysteme schon geschwächt, halten sie einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus viel schlechter stand.
Leber,Diabetes und Immunsystem
Zur Risikogruppe zählen auch Menschen mit chronischen Lebererkrankungen und Diabetiker – die „Zuckerkrankheit“ führt nämlich dazu, dass das Immunsystem von Betroffenen schlechter arbeitet. Die Immunschwäche ist es auch, die Menschen mit Krebserkrankungen sowie jene, deren Immunsystem entweder durch eine Erkrankung oder durch eine Behandlung (z. B. Cortison oder immunmodulierende Therapien) herabgesetzt ist, zu Risikopersonen macht.
Die Raucher
Weiters zählen auch Raucher zur Gruppe der besonders Gefährdeten – und zwar unabhängig von ihrem Alter, denn auch für sie gilt: Ist ein Organ schon vorgeschädigt, hält es einer Infektion schlechter stand.
Mediziner haben aufgezeigt, dass auch Übergewicht ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf von Covid-19 darstellt. Robert Krause, Infektionsspezialist an der Med Uni Graz, erklärt das so: „Menschen mit Übergewicht haben nicht nur eine schlechtere Organfunktion, es ist auch schwieriger, diese Betroffenen im Fall einer Covid-19-Erkrankung erfolgreich zu beatmen.“ Je mehr Gewicht auf der Lunge lastet, desto schwieriger die Beatmung.
Das individuelle Risiko lässt sich aus solchen allgemeinen Aussagen nicht ableiten – der Experte erklärt: „Je besser eine Grunderkrankung behandelt ist, desto günstiger ist es für den Krankheitsverlauf im Falle einer Covid-19-Infektion.“
Potenziell große Gruppe
Wenn diese Risikogruppen speziell geschützt werden sollen, handelt es sich potenziell um eine sehr große Gruppe von Menschen. Zum Beispiel: Jeder Vierte in Österreich hat Bluthochdruck, 600.000 Menschen in Österreich sind von Diabetes mellitus betroffen, Asthma ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Österreich, etwa sieben Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. Bis zu drei Prozent der Bevölkerung leiden an einer rheumatischen oder chronisch-entzündlichen Erkrankung. Von diesen Patienten nehmen etwa 20 bis 30 Prozent Medikamente ein, die in ihr Immunsystem eingreifen. Und: 24 Prozent der Österreicher rauchen täglich.
Aber: Wie viele tatsächlich von den Neuerungen betroffen sein werden, wird sich erst zeigen – auch, da viele bereits in Pension sein könnten.