Der Kärntner SPÖ-Chef und Landeshauptmann Peter Kaiser fordert von seiner Partei, dem Neoliberalismus den Kampf anzusagen. In einem am Sonntag verschickten Schreiben an Bundesvorstand und Landesorganisationen plädiert er dafür, sich dem Thema Grundeinkommen zu widmen. Kritik übt er an der Kommunikation der SPÖ, hier müsse es Änderungen geben.
In seinem Schreiben betont Kaiser, "es ging und geht dabei nicht um eine personelle Diskussion". Es gehe um eine ideologische Diskussion, darum, "Wege aufzuzeigen, um die Sozialdemokratie für die Bevölkerung zu einem glaubwürdigen, attraktiven Anker des Vertrauens, in bewegten, ja geradezu stürmischen Zeiten des Umbruchs in der Arbeitswelt zu formen". Die Sozialdemokratie, insbesondere die österreichische, brauche eine "Revolution".
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Daher müsse das Thema Grundeinkommen vorangetrieben werden: "Ich bin felsenfest überzeugt, dass temporäre und existenzielle Grundsicherung die Chance und Aufgabe von Sozialdemokratie und Gewerkschaft angesichts sich verändernder Arbeitsverhältnisse und Märkte sind." Und wenn einige in der SPÖ meinen würden, das Thema sei gerade nicht opportun, denen sei gesagt, gerade das wolle er, Kaiser, nicht. Die Sozialdemokratie dürfe nicht darauf fokussiert sein, was gerade "in" sei: "Wir sind keine Partei der Beliebigkeit und des Augenblicks."
Er melde sich auch deshalb zu Wort, weil "mein sozialdemokratisches Herz" Tag für Tag blute, wenn er sich die Lage der SPÖ, aber auch der Sozialdemokratie europaweit ansehe. Kaiser: "Ich kann einfach nicht glauben und akzeptieren, dass fremdbestimmte Bestandsanalysen, egal ob von Politikberatern, Meinungsforschern oder anderen "Eliten" die Sozialdemokratie ab- und ins Aus schreiben. Oder noch schlimmer, wenn als konservativ oder neoliberal bekannte Analysten der Öffentlichkeit einreden, wie die SPÖ, wie die Sozialdemokratie auszusehen, welche Inhalte und Positionen sie zu vertreten hätte - und dem setzt die SPÖ (fast) nichts entgegen."
"Ich habe genug von der Reduktion auf Personaldebatten", sagte Kaiser, diese seien unnötig. Auf die Frage, ob Gerhard Zeiler als Nachfolger von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in Frage komme, ging er folgerichtig auch nicht ein. "Ich würde gerne über Inhalte reden." Es habe im letzten Kärntner Landesparteivorstand eine ausführliche Diskussion über die derzeitige Situation der Partei gegeben, mit vielen überlegenswerten Denkanstößen. "Diese habe ich in dem Brief zusammengefasst und am Sonntagnachmittag verschickt." Es sei keinesfalls eine Reaktion auf das Abschneiden der steirischen SPÖ bei der Landtagswahl gewesen.
Es brauche "fundamental neuen Aufbruch"
Kaiser fordert von den Genossen mehr "politisches Selbstbewusstsein" ein. Die Sozialdemokratie sei eine stolze Partei, die große Leistungen vollbracht habe. Um dies den Menschen wieder nahebringen zu können, brauche es einen "fundamental neuen Aufbruch". Damit dieser erfolgreich sei und die Menschen von den neoliberalen Fesseln befreie, müsse man diese Revolution in den eigenen Reihen beginnen. Grundlegende Sanierungsarbeiten seien notwendig, so Kaiser.
Verwundert zeigte er sich darüber, dass sein Schreiben schon nach wenigen Stunden in die Medien gelangt sei. Er fordert auch eine neue Sprache für die SPÖ. Man müsse sich wieder verständlich machen können. Notwendig sei zudem eine bessere Koordination zwischen Bundespartei und Parlamentsklub sowie den Landesparteien und eine bessere Kommunikation. "Wenn Positionen, Maßnahmen, Forderungen unkoordiniert und nur mit dem Ziel, eine Schlagzeile zu produzieren, zur Überraschung der anderen Organe der SPÖ von der Parteizentrale über Medien transportiert werden, dann beraubt man die SPÖ ihrer eigentlich viel größeren Schlagkraft", wird er im "Standard" (Montag-Ausgabe) zitiert.