Kneissl, die von der FPÖ für das Amt der Außenministerin in der türkis-blauen Regierung nominiert wurde, aber kein Parteimitglied ist, bezeichnete sich selbst als nicht richtige Politikerin. Wählerstimmenmaximierung und das Kümmern um ein eigenes Elektorat "sind bei mir weggefallen", sagte sie. Sie sei jetzt wieder zurückgekehrt in ihre Tätigkeit als unabhängige uns selbstständige Analystin im Energiebereich und arbeite an einem neuen Buch, sagte Kneissl.
Die Ex-Außenministerin beklagte einen "Niedergang der Diplomatie" in der europäischen und internationalen Politik. "Wir sind in einer Zeit, wo unilateral kommuniziert wird, aber nicht zum Telefon gegriffen wird", sagte sie. "Ich bin erstaunt, wie wenig telefoniert wird." Dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) warf Kneissl vor, eher zu verwalten und zu regulieren und mit Positionspapieren zu konfrontieren, als die EU-Staaten zusammenzubringen.
Mit dem Lissabon-Vertrag der EU hätten sich zudem die Entscheidungsbefugnisse klar von den Außenministern hin zu den Regierungschefs verschoben. Kneissl wünscht sich in der EU ein "mehr Einlassen auf Auseinandersetzungen", eine Abschaffung des Vetorechts in der EU-Außenpolitik befürwortet sie aber nicht.
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Die Performance des amtierenden Außenministers Alexander Schallenberg wollte Kneissl ebenso wenig kommentieren wie ihre umstrittene Einladung an Russlands Staatschef Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit im Sommer 2018. "Ich habe dazu ausreichend Stellung genommen. Ich habe keine Lust, darauf wieder einzugehen", sagte sie zur Frage nach Putin.
Als Herausforderungen für die österreichische Außenpolitik nannte Kneissl Asien und die internationalen Organisationen in Wien. Sie sei erstaunt, wie wenig Sensibilität es für die asiatische Konkurrenz auf geopolitischer Ebene gebe, auch in Brüssel, sagte die Ex-Außenministerin. Die internationalen Organisationen wiederum verliehen Österreich ein wesentliches Profil und seien auch für die Steuereinnahmen wichtig. Südosteuropa sei als Raum zwar wichtig, doch dürfe sich die österreichische Außenpolitik nicht darin erschöpfen.