Sie haben im Zusammenhang mit Ihrem Engagement bei der Westbahn dieser Tage sehr rustikal erklärt, Sie hätten keinen „Goldscheißer im Keller“. Anscheinend doch, wenn Sie den Neos 24 Stunden vor Inkrafttreten des neuen Parteienförderungsgesetzes noch schnell 300.000 Euro überweisen. Warum?
HANS PETER HASELSTEINER: Weil es unter den Parteien eine Art Chancengleichheit geben muss. Der politische Wettbewerb wird auch durch die zur Verfügung stehenden Mittel bestimmt. Man kann ohnehin durch keine Spende den Vorsprung der großen Parteien aufholen. Wenigstens ein bisschen abmildern, das habe ich getan.
Sie sehen eine Ungleichbehandlung von großen und kleinen Parteien. Worin besteht diese?
Große Parteien kriegen viel mehr Geld, weil sie mehr Mandate haben und die Parteienförderung auf Mandate abzielt. Fair wäre es, wenn die Parteienförderung höchstens zur Hälfte nach Mandaten gehen und die andere Hälfte in einem für jede Partei gleich großen Sockelbetrag bestehen würde. Denn die Aufwendungen sind für jede Partei die gleichen, die Kosten für Werbung und Wahlkämpfe, Büros und die Infrastruktur.
Sie kritisieren Umgehungsmöglichkeiten der Großparteien, haben mit Ihrer Spende für die Neos das neue Parteienförderungsgesetz genauso umgangen. Das ist doch sehr widersprüchlich.
Das Gesetz ist scheinheilig, weil die SPÖ der FPÖ dadurch ermöglicht hat, den eigentlichen Skandal vergessen zu machen, den Skandal der nicht erfolgten Offenlegung. Jeder redet nur mehr über die Spenden-Höchstgrenze von 7500 Euro. Die eigentliche Schweinerei an diesem Ibiza-Skandal war aber die Praxis, dass die betroffenen Parteien die Spenden nicht deklariert haben, die sie verdeckt über andere Gesellschaften eingenommen haben. Zudem haben diese Parteien große Vermögen, die sie jederzeit versilbern können. Wie die SPÖ das Schloss Altmannsdorf, für das sie viele Millionen bekommen hat. Da wird anständig kassiert, aber es heißt, es war nicht die Partei, sondern das Renner-Institut oder die Raab-Foundation.
Stichwort Ibiza-Video. Womit haben Sie sich den großen Zorn von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zugezogen, dass in seinem Oligarchen-Österreich Ihrer Firma Strabag keine Aufträge mehr zukommen sollten?
Das ist nicht der Zorn des Herrn Strache, sondern der Zorn der Partei. Das ist gut nachvollziehbar, weil ich keine Gelegenheit ausgelassen habe, um die FPÖ anzugreifen, wegen ihrer anti-europäischen und ihrer nationalistisch-populistischen Haltung. So etwas zu propagieren, ist in meinen Augen das größte Verbrechen gegenüber seinem Volk. Und der Höhepunkt war meine Norbert-Hofer-Verhinderungsaktion im Bundespräsidenten-Wahlkampf. Deshalb hat die FPÖ den Haselsteiner aufgeschrieben.
Früher haben Sie das Liberale Forum unterstützt, jetzt die Neos. Wäre es für Sie nicht interessanter, eine Großpartei zu unterstützen, die in der Regierung in Ihrem wirtschaftspolitischen Sinne wirken könnte?
Jeder soll unterstützen, wo er sich wiederfindet. Ich finde mich bei einer liberalen Partei weitergehend wieder als bei einer konservativen. Abgesehen von den Begleiterscheinungen der Konservativen, dass sie sich weigern, eine Föderalismusreform durchzuführen, eine Schulreform durchzuführen, die den Namen verdient, und gesellschaftspolitisch sich wirklich zu modernisieren.
In einem Interview mit dem „Kurier“ haben Sie beklagt, dass man Ihnen offenbar keinerlei ehrenhafte Motive wie Idealismus und Überzeugung zutraut. Haben Sie selbst eine Erklärung dafür?
Das ist keine Allgemeinaussage. Es gibt einige Menschen, die sehr wohl wertschätzen, was ich tue. Aber die Mehrheit, auch Ihrer Journalisten-Kollegen, sieht immer eine Verknüpfung zwischen: Der tut etwas und dafür erwartet er sich etwas. Das ist frustrierend, kränkend ist es nicht mehr, das lasse ich nicht mehr zu. Ein Paradebeispiel: Als bekannt wurde, dass ich mich in Moldawien engagiere, hieß es in einem Medium, das ist ein Hoffnungsmarkt für die Strabag, daher gibt der Haselsteiner über die soziale Schiene Marktbearbeitungsgeld aus. Bösartiger geht es kaum mehr.
Zurück zum Anfang, zum Thema Westbahn. 100 Millionen Euro Verlust in acht Jahren. Warum tun Sie sich das noch an, warum geben Sie das Projekt nicht auf?
Weil ich daran glaube, dass die österreichischen Steuerzahler nicht ewig Geduld haben werden und so viele Millionen bzw. Milliarden in die ÖBB stecken, ohne dass sie Angemessenes zurückbekommen. Es ist ein Fass ohne Boden und die Effizienz ist so erbärmlich, dass man sagen muss, das ist ein Schildbürgerstreich, was hier geschieht. Man kann das Geld gleich verbrennen oder man könnte es irgendwohin schicken, wo es wenigstens Gutes bewirkt. Und man muss es nicht auf diese Art verschwenden.
Die ÖBB haben im Personenverkehr einen infrastrukturellen Versorgungsauftrag.
Die ÖBB tun immer so, als wäre die Direktvergabe von Linien die Regel. Sie ist eine Ausnahme. Die EU sagt nur: Wenn es sozusagen volkswirtschaftliche Notstandsgebiete gibt, dürfen Nationalstaaten direkt vergeben. Die Regierung hat quasi ganz Österreich zum Notstandsgebiet erklärt, mit Ausnahme Salzburg–Wien, wo die Westbahn verkehrt.
Haben Sie sich für Ihr Westbahn-Engagement ein zeitliches Limit gesetzt?
Es kommt darauf an, ob die Regierung neuerlich die Zehn-Jahres-Frist ausnützt und das ÖBB-Monopol im Personenverkehr verlängert und damit den Steuerzahler schädigt. Wenn sie sich das neuerlich trauen, werden wir immer lauter darauf hinweisen, was da passiert. Im Frachtbereich ist einiges im Gange. Deshalb überlege ich ernsthaft, meine Tätigkeit dahingehend auszuweiten.
Was heißt das?
Das heißt, dass ich mich auch im Frachtverkehr engagiere. Der Güterverkehr auf der Schiene ist bereits liberalisiert, da kannst du keine Zuschüsse mehr geben.
Und dieses Frachtgeschäft wird dann Ex-Bundeskanzler Christian Kern für Sie machen?
Nein, das mache ich nicht mit dem Herrn Kern. Da habe ich andere, die das von der Pike auf gelernt haben.
Antonia Gössinger