Der britische Botschafter in Washington hat einem Medienbericht zufolge in internen Vermerken ein verheerendes Bild von der Regierung von US-Präsident Donald Trump gezeichnet. Das berichtete die Zeitung "Mail on Sunday" unter Berufung auf eine Reihe von vertraulichen Notizen, die von 2017 bis in die Gegenwart reichten.
"Wir glauben wirklich nicht, dass diese Regierung erheblich normaler wird; weniger funktionsgestört; weniger unberechenbar; weniger zerstritten; weniger diplomatisch unbeholfen und unfähig", zitiert das Blatt aus einer Notiz von Botschafter Kim Darroch.
In einer anderen Mitteilung bezeichne dieser die US-Regierung als "einzigartig funktionsgestört". Trump selbst beschreibe der Botschafter als jemanden, der "Unsicherheit ausstrahlt". Ferner schrieb Darroch der Zeitung zufolge: "Wir stehen womöglich eher am Beginn einer Abwärtsspirale als einer emotionalen Achterbahnfahrt: Es könnte etwas zum Vorschein kommen, das zu Blamage und Niedergang führt."
Zugleich dürfe Trump aber nicht abgeschrieben werden, wird Darroch in dem Bericht zitiert. Es könne durchaus sein, dass Trump die Präsidentenwahl im kommenden Jahr gewinne und "angeschlagen, aber noch am Leben aus den Flammen auftaucht" wie einst Arnold Schwarzenegger im Film "The Terminator".
In einer Notiz aus dem vergangenen Monat habe sich der britische Botschafter zu Trumps Entscheidung geäußert, einen bereits angeordneten Militärschlag gegen den Iran im letzten Augenblick abzusagen. Damit habe der Präsident für Verwirrung in der eigenen Regierung gesorgt. Der Zeitung zufolge hält es Darroch jedoch für möglich, dass Trump doch noch einen Konflikt mit dem Iran auslöst. "Ein einziger weiterer iranischer Angriff irgendwo in der Region könnte zu einer weiteren Kehrtwende Trumps führen. Außerdem würde der Tod eines Amerikaners wahrscheinlich den entscheidenden Unterschied ausmachen", wird der Botschafter zitiert.
Darroch gilt als einer der erfahrensten britischen Diplomaten. Er trat seinen Posten in Washington im Jänner 2016 an.
Das britische Außenministerium stellte die Echtheit der Vermerke nicht infrage. "Die britische Öffentlichkeit erwartet von unseren Botschaftern, dass sie Minister mit einer aufrichtigen, ungeschminkten Einschätzung der Politik in ihrem Land versorgen", sagte eine Ministeriumssprecherin. "Ihre Sichtweisen sind nicht notwendigerweise die Sichtweisen der Minister oder der Regierung", erklärte sie und ergänzte: "Wir bezahlen sie dafür, dass sie ehrlich sind."
Trump war im Juni zu einem Staatsbesuch in Großbritannien. Dabei betonte er die "spezielle Beziehung" der beiden Länder und stellte den Briten eine "phänomenale Handelsvereinbarung" in Aussicht, nachdem sie die Europäische Union verlassen hätten.