Die Aufregung war groß im Büro des Wiener SPÖ-Sozialstadtrates Peter Hacker. Nachdem bekannt geworden war, dass der mutmaßliche IS-Kämpfer mit heimischem Pass, der in Syrien festgenommen wurde, zwischen 2014 und 2015 rund 12.400 Euro Mindestsicherung bezogen haben soll, zeigte sich Hacker empört.
Es sei „unfassbar, dass offensichtlich die Staatsanwaltschaft, das Innenministerium und die Geheimdienste an diesem Fall dran sind“, die für Mindestsicherung zuständige MA 40 aber nicht informiert wurde.
Verwunderung über Vorwurf
In Justiz- und Innenministerium gibt man sich ob dieser Anschuldigung ratlos. Dort höre man zum ersten Mal von einer solchen „Informationspflicht“. „Bei Ermittlungen gilt die Unschuldsvermutung – warum sollten die Ermittler da irgendjemanden informieren?“, heißt es aus den Ministerien.
Laut Landespolizeidirektion Wien habe die Staatsanwaltschaft Ende 2013 zwar eine Anzeige auf freiem Fuß verfügt. Im Mai 2014 wurde das Verfahren jedoch eingestellt, weil dem gebürtigen Wiener eine Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung nicht nachgewiesen werden konnte. 2015 sei er erneut in Wien eingereist, derzeit sei ein Verfahren anhängig.
Doch selbst wenn Wien von den Behörden informiert worden wäre, hätte das die Zahlungen an den mutmaßlichen IS-Kämpfer wohl nicht gestoppt. Denn als österreichischer Staatsbürger hatte er Anspruch auf diese Sozialleistung. Dank der erwähnten Unschuldsvermutung hätten Ermittlungen daran nichts geändert. Nur bei einer Inhaftierung wäre der Anspruch erloschen – weil für die Versorgung im Straf- und Maßnahmenvollzug der Bund zuständig ist. Würde der Wiener inhaftiert werden, hätte er nach Absitzen seiner Haftstrafe erneut Anspruch auf Sozialhilfe.
"Erneutes Behördenversagen"?
Auf Nachfrage in Hackers Büro wurde konkretisiert. Man prangere Versäumnisse bei den Ermittlungen an, Polizei und Staatsanwaltschaft hätten handeln sollen. Auch die Liste Jetzt vermutet ein „erneutes Behördenversagen“ und will mit einer parlamentarischen Anfrage Licht in den Fall bringen.
Bisher ist unklar, ob der mutmaßliche IS-Kämpfer, der vor Jahren wegen einer Schusswunde in Wien behandelt worden war, nach Österreich geholt wird. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte sich für einen Prozess in Syrien ausgesprochen. Die Stadt Wien will dem Mann, der auch eine türkische Staatsbürgerschaft besitzen soll, die österreichische aberkennen.