Für Protestanten, Altkatholiken und Methodisten war der Karfreitag bisher ein Feiertag. Sie müssen künftig auch bis 14 Uhr arbeiten und dürfen erst danach den Gottesdienst besuchen.
Für Katholiken und alle anderen war der Karfreitag bisher kein Feiertag. Sie dürfen künftig aber auch um 14 Uhr nach Hause gehen.
Was sich wie ein Kompromiss anhört, ist ein schlechter Witz: Halbe Feiertage gibt es nicht. Das einzige, was es bisher in diese Richtung gab - den 24. und den 31. Dezember mit verkürzter Arbeitszeit - ist ein Abbild der Realität insofern, als an diesen Tagen tatsächlich nur im Ausnahmefall länger gearbeitet wird.
Für den Karfreitag gilt das nicht.
Was die halbe Lösung außerdem ignoriert: Die Flexibilität hat längst in den Arbeitsalltag der Österreicherinnen und Österreicher Einzug gehalten, was sich offenbar noch nicht bis zur Regierung herumgesprochen hat, obwohl diese Flexibilität pausenlos von ihr beschworen wird.
Es gibt Arbeitnehmer, die schon um 6 Uhr oder früher ihr Tagewerk beginnen - für die ist ihr ganz normaler Arbeitstag um 14 Uhr schon vorüber. Der Karfreitag bleibt also für die diese Arbeitnehmer ein ganzer Arbeitstag. Protestanten, Altkatholiken und Methodisten im Frühdienst verlieren ihren bisherigen freien Tag. Ihnen wird definitiv etwas weggenommen - entgegen der Ankündigung der Regierung.
Dazu kommt, dass der Fest-Gottesdienst am Karfreitag oft schon am Vormittag stattfindet, der halbe Feiertag verliert für diese Gläubigen somit seinen ganzen Sinn.
Es gibt aber auch viele Arbeitnehmer, die erst um 14 Uhr oder später ihr Tagewerk beginnen, für diese ist der Karfreitag künftig ein ganzer Feiertag (wenn sie arbeiten müssen, bekommen sie Feiertagszuschläge). Den Nicht-Protestanten, Nicht-Methodisten und Nicht-Altkatholiken in diesem Spätdienst wird definitiv etwas geschenkt. Entgegen den Beteuerungen der Regierung gegenüber der Wirtschaft.
Dazu kommt:
- Die Berechnungen der Wirtschaft, die aus diesem halben Tag, der kein halber Tag ist, die halbe Kosten-Belastung ableitet sind eine Milchmädchenrechung.
- Was die Regelung für Teilzeit-Kräfte bedeutet, ist ungeklärt.
- Dass Dienstnehmer in unterschiedlichen Tagesschichten ungleich behandelt werden, wird in Kauf genommen.
Eine weltfremde Lösung, die dem österreichischen Arbeitsalltag nicht Rechnung trägt.
Und ein Kompromiss, der keinen Ausgleich der Interessen spiegelt, sondern ein gescheiterter Versuch, keinem weh zu tun.
Claudia Gigler