Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist am Samstag zu einem mehrstündigen Besuch in Köln eingetroffen. Mit leichter Verspätung landeten sein Flugzeug und zwei Begleitmaschinen am Flughafen Köln/Bonn. In der Domstadt will er an der offiziellen Eröffnung der Zentralmoschee teilnehmen. Zuvor empfing ihn der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zu einem Gespräch.

Der Besuch Erdogans wird durch einen der größten Polizeieinsätze in der Kölner Geschichte abgesichert. Rund um die Moschee haben Stadt und Polizei einen großen Sicherheitsbereich festgelegt. Insgesamt sind in Köln mehrere Tausend Polizisten im Einsatz. In der Millionenstadt herrscht die höchste Sicherheitsstufe.

Laschet hatte im Vorfeld des Gesprächs in Köln bereits deutlich gemacht, dass er kritische Themen wie die Pressefreiheit in der Türkei und die Lage der dort inhaftierten Deutschen ansprechen will. Vor dem Abflug nach Köln war Erdogan am letzten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland auch erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin zusammengetroffen.

Weniger Demonstranten als erwartet

An den Protesten gegen den Besuch Erdogans in Köln haben sich bis Samstag zu Mittag weniger Menschen beteiligt als zunächst vermutet. Zu einer Kundgebung im Stadtteil Deutz versammelten sich zunächst rund 1.500 Menschen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Erwartet wurden bei der Veranstaltung mindestens 5.000 Teilnehmer. Auch bei einer Protestkundgebung der alevitischen Gemeinde in Deutschland in der nördlichen Kölner Innenstadt lag die Teilnehmerzahl mit mehreren hundert Menschen zunächst unter den erwarteten 3.000 Demonstranten.

Dagegen wuchs im Verlauf des Vormittags die Zahl der Erdogan-Anhänger, die sich trotz der kurzfristigen Absage einer Außenveranstaltung im weiteren Umfeld der Zentralmoschee des Moschee-Verbands DITIB (Türkisch-Islamische Union) in Köln-Ehrenfeld versammelten.

Erdogan will am Nachmittag an der Eröffnung der Moschee teilnehmen und dabei eine Rede halten. Die DITIB-Moschee wurde im Vorfeld des Besuchs von der Polizei weiträumig abgeriegelt, nachdem die Stadt Köln am Freitagabend die zunächst geplante Außenveranstaltung wegen Fehlen eines Sicherheitskonzeptes der Organisatoren abgesagt hatte. Menschen, die am Samstagmittag dennoch Richtung Moschee strömten, wurden an den Polizeisperren abgewiesen. Dabei gab es einzelne Rangeleien, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Enttäuschung bei Erdogan-Anhängern

Die Delegation um den Präsidenten aus der Türkei ist nach Angaben eines prominenten Mitglieds "sehr enttäuscht" über die mangelnde Unterstützung der Stadt Köln vor der Moschee-Eröffnung und dass nur geladene Gäste zugelassen sind. Der Erdogan-Vertraute Mustafa Yeneroglu sagte jedoch am Samstag, dass zum ersten Mal am Mittwochnachmittag von der Erwartung eines Sicherheitskonzeptes die Rede gewesen sei. Konkretisiert worden seien die Vorstellungen erst am Donnerstagnachmittag. "Damit hat die Polizei objektiv unmöglichen Vorgaben gesetzt, gegenüber der Öffentlichkeit aber das Gegenteil gesagt", sagte Yeneroglu. "Das Ganze ist unschön, wo auf der anderen Seite die Türkei ständig wegen Beschneidung der Versammlungsfreiheit und anderem kritisiert wird", sagte Yeneroglu, der selbst lange in Köln gelebt hat. Er sei "verbittert". Zum Abschluss seines Staatsbesuchs wollte Erdogan den großen Komplex mit einer 20-minütigen Rede einweihen. Yeneroglu zufolge habe der Präsident nach der Absage der Außenveranstaltung überlegt, ob er den Köln-Besuch nicht absagen und gleich in die Türkei zurückfliegen sollte. "Aber der Präsident will, dass das ein erfolgreicher Staatsbesuch bleibt, deshalb hat er sich entschieden, trotzdem nach Köln zu kommen."

Eigentlich hatte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Rahmen der Moschee-Eröffnung eine Rede halten wollen. Sie sagte aber ihre Teilnahme im Vorfeld ab: Die DITIB habe sie tagelang über ihre Rolle im Unklaren gelassen. Reker (parteilos) sagte über das Gotteshaus: "Als Oberbürgermeisterin dieser Stadt bin ich stolz auf das großartige Gebäude der Zentralmoschee. Ich wünsche mir sehr, dass sie in Zukunft das Wahrzeichen für den Dialog zwischen den Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten und Kulturen wird."

Beim zweieinhalbstündigen Arbeitsfrühstück im Kanzleramt zwischen Erdogan und Merkel ging es in "einem vertieften Gespräch" um das "deutsch-türkische Verhältnis, die innenpolitische Lage in der Türkei und die gemeinsamen Interessen im Kampf gegen den Terrorismus", wie ein Regierungssprecher am Samstag mitteilte. Ein wesentliches Thema seien auch die "Möglichkeiten" gewesen, "die wirtschaftlichen Beziehungen weiter zu stärken". Außerdem sei über die Lage in Syrien und die Zusammenarbeit in der Flüchtlings- und Migrationspolitik gesprochen worden, erklärte der Sprecher.

Treffen mit Industrie

Bei dem Arbeitsfrühstück wurde Erdogan nach Angaben der amtlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu von Finanz- und Wirtschaftsminister Berat Albayrak, Außenminister Mevlüt Cavusoglu und Industrieminister Mustafa Varank begleitet. Am Vortag hatte Erdogan in Berlin Vertreter führender deutscher Unternehmen und Banken getroffen. Laut Anadolu warb er dabei um weitere Investitionen. Die deutschen Unternehmer stellten demnach ihre Investitionspläne vor und baten Erdogan um Unterstützung. An dem Treffen nahmen laut Anadolu Ajansi der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, der Präsident der Außenhandelskammer in Istanbul, Markus Slevogt, der Präsident der türkischen Handelskammerunion, Rifat Hisarciklioglu, und der Leiter des Türkischen Ausschusses für ausländische Wirtschaftsbeziehungen, Naik Olpak, teil.

Medienberichten von Anfang September zufolge will Ankara mit deutscher Hilfe ein modernes Bahn-Hochgeschwindigkeitsnetz bauen. Auf deutscher Seite sei ein Konsortium unter Führung von Siemens an dem milliardenschweren Projekt beteiligt.