Der jahrelange Streit um die Pkw-Maut zwischen Brüssel und Berlin ist offiziell beigelegt. Nach den bereits im Dezember vereinbarten Zugeständnissen der Berliner Regierung hat die EU-Kommission ihr Verfahren gegen Deutschland nun eingestellt. Es gebe keine Diskriminierung ausländischer Fahrer mehr, teilte die Brüsseler Behörde heute, Mittwoch, mit. Sie wolle aber im Auge behalten, ob das Gesetz korrekt angewendet werde. Die Maut soll nach Planungen der Regierung in Deutschland ab 2019 fällig werden.

Offen ist allerdings, ob andere EU-Staaten die "Infrastrukturabgabe" noch zu Fall bringen können. Österreich sieht weiterhin einen Verstoß gegen EU-Recht, weil Ausländer bei der Autobahn-Nutzung stärker belastet werden sollen als Inländer. Die Wiener Regierung hatte deshalb bereits im Vorfeld der Entscheidung eine Klage vor dem EuGH angekündigt.

Allerdings fließt bis dahin noch viel Wasser die Donau hinunter. In einem ersten Schritt muss Österreich nun die Kommission erneut mit dem Thema befassen. In einem bis zu dreimonatigen Verfahren werden in Folge Stellungnahmen von Deutschland und Österreich eingeholt und gesichtet. Wird die Kommission im Anschluss nicht selbst erneut aktiv, ist der Weg für eine österreichische Klage frei, erklärt Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) das langwierige Prozedere.

Kurzzeittarife jetzt stärker gestaffelt

Die EU-Kommission, die über die Einhaltung europäischen Rechts wacht, hatte lange bemängelt, dass inländische Autohalter auf den Cent genau bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Aus Brüsseler Sicht stellte dies eine unerlaubte Benachteiligung ausländischer Fahrer dar. Bereits im Dezember hatten sich Berlin und Brüssel informell auf Änderungen an dem Prestigeprojekt des deutschen Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) geeinigt, die die Bedenken ausräumen sollen.

Dobrindt sagte daraufhin Änderungen an den seit 2015 geltenden Maut-Gesetzen zu. Zum einen sollen die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker gestaffelt werden. Zum anderen soll die für Inländer vorgesehene Maut-Entlastung über eine niedrigere Kfz-Steuer für abgasarme Euro-6-Autos stärker ausfallen, nämlich um 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr.

Die Änderungen passierten im März Bundestag und Bundesrat in Deutschland, was die EU-Kommission nun zum Anlass nahm, das Verfahren einzustellen. Ohne Einigung hätte es in einer Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und möglichen Geldstrafen münden können.

Sanktionsverfahren gegen Ungarn

Das EU-Parlament hingegen hat indes am Mittwoch in Straßburg  die Einleitung eines Sanktionsverfahrens gegen Ungarn beschlossen. Konkret heißt es, dass das Plenum des EU-Parlaments den Rat aufruft, nach Artikel 7 des EU-Vertrags wegen rechtsstaatlicher Bedenken gegen Ungarn vorzugehen. Dies kann bis zum Entzug der Stimmrechte Ungarns gehen.

Die Resolution ist eher von symbolischem Wert, aber damit macht das EU-Parlament doch Druck auf den rechtskonservativen ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Letztendlich muss aber in der Frage der Rat entscheiden - und das mit Einstimmigkeit, Ungarn als betroffenes Land ausgenommen. Dabei dürfte zumindest das nationalkonservativ regierte Polen, das ebenfalls mit der EU-Kommission in Sachen Rechtsstaatlichkeit im Clinch liegt, nicht gegen Ungarn votieren.